06/03/2013

Katechismus der Krise der Bruderschaft ( Zweiter Teil)


Katechismus der Krise der Bruderschaft 
( Zweiter Teil) 

Übersetzung von Anne-Catherine




26) Man wollte also auf falscher Grundlage mit den römischen Gesprächen beginnen. 

Genau, denn „wir haben nicht die gleiche Auffassung von der Wiederversöhnung. Kardinal Ratzinger sieht sie in dem Sinne, daß er uns unterwerfen und zur Anerkennung des II. Vatikanums bringen will. Wir sehen sie als eine Rückkehr Roms zur Tradition. Wir verstehen uns nicht; wir reden aneinander vorbei.“ (Mgr Lefebvre, Fideliter Sept.-Okt. 1988) 


27) Die Zeiten Johannes Pauls II. sind doch vorbei. 

„Ist die Auffassung Benedikts XVI. denn besser als die Johannes Pauls II.? Man braucht nur die Studie La Foi au Péril de la Raison [wörtlich: Der durch die Vernunft gefährdete Glaube] zu lesen, die einer von uns dreien geschrieben hat, um festzustellen, daß das Denken des jetzigen Papstes ebenfalls vom Subjektivismus durchdrungen ist. Die ganze subjektive Phantasie des Menschen ersetzt die objektive Realität Gottes. Die ganze katholische Religion ordnet sich der modernen Welt unter.“ (Mgrs Williamson, Tissier de Mallerais, de Galarreta, 7-4-2012) 

28) Aber wenn auch die Vorbedingungen, aus der Sicht der Medien und psychologisch betrachtet, nicht im strengen Sinn erfüllt wurden, so hat sich doch gezeigt, daß Benedikt XVI. der Bruderschaft und ihrer Doktrin wirklich wohlgesonnen ist. 

„Als Subjektivist mag er es sein, weil die subjektivistischen Liberalen selbst die Wahrheit tolerieren können, jedoch nicht, wenn diese sich weigert, den Irrtum zu tolerieren. Er würde uns im Rahmen des relativistischen und dialektischen Pluralismus anerkennen, vorausgesetzt, daß wir in 'voller Gemeinschaft' mit der Autorität und den anderen 'kirchlichen Gegebenheiten' bleiben. Deshalb würde ein rein praktisches Abkommen zwangsläufig jede Kritik der Bruderschaft am Konzil oder an der neuen Messe zum Schweigen bringen. Wenn sie aufhörte, diese wichtigsten Siege der Revolution anzugreifen, würde die arme Bruderschaft zwangsläufig aufhören, dem allgemeinen Glaubensabfall unserer beklagenswerten Epoche entgegenzuwirken und sie würde selbst darin versinken.“ (Mgrs Williamson, Tissier de Mallerais, de Galarreta, 7-4-2012) 

29) Aber wenn Rom uns zu Gesprächen auffordert, eilen wir hin, nicht wahr? 

Nein! Wir eilen nicht hin: „Vor einer eventuellen Wiederaufnahme der Gespräche mit Rom werde ich meine Bedingungen stellen“ (Mgr Lefebvre, Fideliter, Sept.-Okt. 1988). Wohlgemerkt werden diese Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Gespräche gestellt, nicht für den Abschluß eines Abkommens! 


30) Welches waren diese Bedingungen, die Mgr Lefebvre in seiner weisen Art für eine eventuelle Wiederaufnahme der Gespräche mit Rom vorsah? 

„Dann werde ich die Bedingungen stellen. Eine Situation wie bei den damaligen Gesprächen werde ich nicht mehr hinnehmen. Das ist vorbei! Ich werde die Frage auf lehrmäßiger Ebene stellen: 
'Sind Sie einverstanden mit den großen Enzykliken aller Ihrer päpstlichen Vorgänger? Sind Sie einverstanden mit Quanta Cura von Pius IX., mit Immortale Dei und Libertas von Leo XIII., mit Pascendi von Pius X., mit Quas Primas von Pius XI. und mit Humani generis von Pius XII.? Stimmen Sie mit diesen Päpsten und ihren Aussagen vollkommen überein? Billigen Sie den Antimodernisteneid noch? Treten Sie für das soziale Königtum Unseres Herrn Jesus Christus ein? Wenn Sie die Lehre Ihrer Vorgänger nicht annehmen, hat es keinen Sinn, miteinander zu reden. Solange Sie nicht bereit sind, das Konzil unter Bezug auf die Lehre Ihrer päpstlichen Vorgänger zu reformieren, ist ein Dialog weder möglich noch nützlich.' Die Standpunkte wären auf diese Weise klarer.“ (Mgr Lefebvre, Fideliter Sept.-Okt. 1988) 
Man hat geglaubt, man sei stärker als unser Gründer, und heute sind die Dinge nicht klar. 

31) Hat es der Arbeit unserer Theologen an Klarheit gefehlt? 

Überhaupt nicht. „Unsere Experten haben deutlich den Gegensatz zwischen der vorkonziliaren Lehre der Kirche und der Lehre nach dem II.Vatikanum und ihren Folgen nachgewiesen.“ (Mgr Fellay, Cor unum, März 2012) 

32) Was war das Ergebnis dieser Gespräche?

„In den Gesprächen hat sich eine tiefgreifende Uneinigkeit in fast allen angesprochenen Punkten gezeigt.“ (Mgr Felay, Cor unum, März 2012) 


33) Warum dann dieser „Vorschlag der römischen Kongregation, die Bruderschaft durch den rechtlichen Status einer Personalprälatur anzuerkennen, vorausgesetzt, daß sie einen doppelsinnigen Text unterschreibt?“ (Mgr Fellay, Cor unum, März 2012) 

Die Gespräche mit Rom haben gezeigt, „daß sie nicht bereit sind, dem II. Vatikanischen Konzil abzuschwören“ und „sie wollen uns dahin zurückführen“; die Rückkehr der Bruderschaft könnte jedoch der Konzilskirche „nützlich sein, um die Erneuerung der Reform mit der Kontinuität zu verbürgen.“ (Mgr de Galarreta, Albano, 7-10-2011) 


34) Aber war sich Mgr Fellay dessen bewußt? 

Ja. „Man hat uns einen Vorschlag gemacht, mit dem man versuchte, uns in das System der Hermeneutik der Kontinuität einzubinden.“ (Mgr Fellay, Cor unum, März 2012) Und an der gleichen Stelle behauptet er, daß ihn dieser Vorschlag Roms überrascht hätte. 


35) Überrascht oder nicht, was hat er entschieden? 

Zunächst die Oberen der Bruderschaft (ausgenommen Mgr Williamson) in Albano zur Beratschlagung zusammenzurufen (Okt. 2011). 


36) Was hat man ihm bei diesem Treffen gesagt?

Die römischenVorschläge sind „konfus, doppeldeutig, falsch und im Wesentlichen schlecht.“ Ihre „doktrinale Präambel“ ist „schlimmer als das Protokoll von 1988, vor allem in Bezug auf das Konzil und das nachkonziliare Lehramt.“ „Angesichts der Umstände ist sicher, daß wir zum Schluß, nach langen Palavern, keinerlei Ergebnis erzielen.“ Wenn wir die Kontakte fortsetzen, wird dies „zwangsläufig unserem Gemeinwohl, der Bruderschaft und der Familie der Tradition schweren Schaden zufügen.“ (Mgr de Galarreta, Albano, 7-10-2011)


37) Hat er diese Ratschläge befolgt? 

Nein. 


38) Hat Mgr Fellay demnach schwer gegen die Klugheit verstoßen? 

Ja, aber das war nicht der einzige Fehler. Denn damit hat er gegen den Willen des Kapitels von 2006 verstoßen. So war dies nicht nur entsetzlich unklug, sondern auch ein schwerer Verstoß gegen den Gehorsam. 


39) Inwiefern? 

Im März 2012 schrieb der Generalobere folgendes an alle Mitglieder der Bruderschaft: 
„Die wenigen Maßnahmen, die Benedikt XVI. ad intra bezüglich der Liturgie, der Disziplin und der Moral ergriffen hat, sind demnach wichtig, auch wenn ihre Anwendung noch zu wünschen übrig läßt...Junge Bischöfe zeigen uns offen ihre Sympathie... Vielleicht sind diese Dinge in Rom am deutlichsten wahrnehmbar! Wir haben jetzt in den wichtigsten Dikasterien und auch in der Umgebung des Papstes freundschaftliche Kontakte!“ 

Mgr Fellay möchte teilnehmen an der „Erneuerung der Kirche. Selbst wenn das erneute Auftreten eines 'Julian, der Abtrünnige' nicht auszuschließen ist, glaube ich nicht, daß der Bewegung Einhalt geboten werden kann. Wenn es wahr ist, und davon bin ich überzeugt, dann müssen wir eine Neupositionierung gegenüber der Amtskirche vornehmen. In diesem Zusammenhang müßte die Frage einer Anerkennung der Bruderschaft durch die Amtskirche gestellt werden. Es geht um einen übernatürlichen Blick auf die Kirche und um die Tatsache, daß sie in den Händen Unseres Herrn Jesus Christus bleibt, auch wenn sie von ihren Feinden entstellt worden ist. Unsere neuen Freunde in Rom bekräftigen, daß eine solche Anerkennung eine ungeheuer starke Auswirkung auf die ganze Kirche haben würde, gewissermaßen als Bestätigung der Bedeutung der Tradition für die Kirche. Hingegen erfordert eine konkrete Durchführung zwei absolut notwendige Punkte, um unser Überleben zu sichern: Erstens dürfen von der Bruderschaft keine Konzessionen bezüglich des Glaubens und dem, was sich daraus herleitet (Liturgie, Sakramente, Moral, Disziplin) gefordert werden. Zweitens müssen der Bruderschaft wirkliche Freiheit und Handlungsfreiheit zugestanden werden, die es ihr erlauben, konkret zu leben und sich zu entwickeln. Die konkreten Umstände werden zeigen, wann es an der Zeit ist, auf die Amtskirche 'zuzugehen'. Heute scheint dies trotz der römischen Annäherung vom 14. September aufgrund der damit verbundenen Bedingungen noch nicht möglich zu sein. Die Zeit wird kommen, wann der liebe Gott es will. Da der Papst dieser Angelegenheit höchste Bedeutung beimißt, können wir auch nicht ausschließen, daß es zu einer plötzlichen Lösung kommt.“ (Cor unum) 

40) Wie hat er einen derartigen Richtungswechsel gerechtfertigt? 

Indem er alle freundschaftlichen Warnungen in den Wind schlug und die Beschlüsse des Kapitels von 2006, an die er gebunden war, aufhob. 


41) Welche freundschaftlichen Warnungen meinen Sie? 

Vor allem folgende: „In Richtung eines praktischen Abkommens vorgehen, würde bedeuten, daß wir unser Wort brechen und unsere Pflicht verletzen, die wir gegenüber unseren Priestern und unseren Gläubigen, gegenüber Rom und jedermann haben. Ein solcher Schritt würde eine schwerwiegende diplomatische Schwäche der Bruderschaft offenbaren und, um ehrlich zu sein, mehr als eine diplomatische Schwäche. Es wäre ein Mangel an Zusammenhalt, Rechtschaffenheit und Festigkeit, der den Verlust der Glaubwürdigkeit und der moralischen Autorität, deren wir uns erfreuen, nach sich ziehen würde. Wenn wir diesen Weg beschreiten, wird dies Mißtrauen und Spaltung zur Folge haben. Viele Obere und Priester werden in Gewissenszweifel gestürzt werden und Einspruch erheben. Die Autorität und das Prinzip der Autorität selbst werden in Frage gestellt und unterminiert. Infolgedessen ist dies nicht der richtige Zeitpunkt, den Beschluß des Kapitels von 2006 (kein praktisches Abkommen ohne Lösung der lehrmäßigen Frage) zu ändern.“ (Mgr de Galarreta, Albano, 7-10-2011) 

42) Wie lautete der Beschluß des Kapitels von 2006? 

„Die Kontakte, die die Bruderschaft sporadisch mit den römischen Autoritäten unterhält, haben allein zum Ziel, ihnen zu helfen, sich die Tradition wieder zu eigen zu machen, die die Kirche nicht verleugnen kann, ohne ihre Identität zu verlieren, und nicht das Suchen eines Vorteils für die Bruderschaft selbst, oder ein unmögliches, rein praktisches 'Abkommen' zu erreichen. An dem Tag, an dem die Tradition alle ihre Rechte wiedererlangt, 'ist das Problem der Wiederversöhnung gegenstandlos und die Kirche wird eine neue Jugend finden.'“ (Cor unum, Okt. 2006) 


43) Was hielt Mgr Fellay von den Bedingungen des Kapitels von 2006? 

„Das Kapitel von 2006 gab eine Linie vor, man kann sagen, eine klare, aber ich wage zu sagen, eine zu abstrakte. Sie ist klar, man sagt: die Gespräche mit Rom sind [dazu da], um ihnen zu helfen, die Tradition wiederzufinden; in diesen Gesprächen sucht man kein praktisches Abkommen. Wenn Rom zurückgekehrt sein wird, wird das kein Problem mehr sein. Wie soll man das beurteilen? Bis wohin wird das gehen? Ist das ganz oder teilweise? Auf welche Punkte bezogen?“ (Ecône, 7-9-2012) 


44) Was hat er aus diesen klaren Beschlüssen gemacht? 

In Cor unum hat er sie im März 2012 offiziell auf den Müll geworfen. 


45) Wie das? 

Durch einen Trugschluß. 


46) Durch welchen? 

Durch folgenden: die angebliche „neue Lage“ erfordert eine neue „Richtung“; der Beschluß des Kapitels von 2006 ist kein „Prinzip“, sondern „eine Richtlinie, die unser konkretes Handeln regeln muß“. 

„Wir sehen uns hier einer Beweisführung gegenüber, deren wichtigste die Bestätigung des Prinzips des Primats des Glaubens ist, um katholisch zu bleiben. Die unbedeutendere ist eine historische Feststellung zum gegenwärtigen Zustand der Kirche, und der praktische Schluß wird von der Tugend der Klugheit inspiriert, die das menschliche Handeln bestimmt: kein Nachsuchen um ein praktisches Abkommen auf Kosten des Glaubens. Im Jahr 2006 ertönen noch immer die Häresien, die Autoritäten selbst verbreiten den modernen und modernistischen Geist des II. Vatikanums und zwingen ihn allen auf wie eine Dampfwalze (das ist die unbedeutendere). Unmöglich, ein Abkommen zu erreichen, bevor sie sich nicht bekehrt haben; wir würden zerrieben, auseinandergerissen, vernichtet oder so unter Druck gesetzt, daß wir nicht widerstehen könnten (das ist die Schlußfolgerung). Wenn die unbedeutendere sich änderte, das heißt, wenn es eine Änderung des Verhältnisses der Kirche zur Tradition gäbe, könnte das eine entsprechende Änderung der Schlußfolgerung erfordern, ohne daß sich deshalb unsere Prinzipien in irgendeiner Weise geändert hätten! Da die göttliche Vorsehung sich durch die gegebenen Tatsachen ausdrückt, müssen wir, um ihren Willen zu erkennen, genau verfolgen und beobachten, was sich in der Kirche tut. Nun gibt es aber keinen Zweifel daran, daß wir seit 2006 eine Entwicklung in der Kirche erleben, eine wichtige und sehr interessante Entwicklung, obwohl sie kaum sichtbar ist.“ (Mgr Fellay, Cor unum, März 2012) 


47) Wo liegt der Fehler in dieser Schlußfolgerung? 

In einer Blindheit, die sich weigert, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist: die Autoritäten verbreiten im Jahr 2012 immer noch den modernen und modernistischen Geist des II. Vatikanums! 

Für Kardinal Ratzinger „gibt es keine Tradition. Es gibt kein Vermächtnis, das weitergegeben werden muß. Die Tradition in der Kirche ist das, was der Papst heute sagt. Sie müssen sich dem unterwerfen, was der Papst und die Bischöfe heute sagen. Das ist in ihren Augen die Tradition, die berühmte lebendige Tradition, der einzige Grund für unsere Verurteilung. ... Das ist die Tyrannei der Autorität.“ (Mgr Lefebvre, zitiert von Mgr de Galarreta, Albano, 7-10-2011) 


48) Gab es angesichts dieser Blindheit Reaktionen oder Einspruch? 

Ja, sehr gute Reaktionen. Wie Mgr de Galarreta vorausgesagt hatte, bekamen „viele Obere und Priester Gewissenszweifel“ und „ erhoben Einspruch“. Aber es gab nur wenige Reaktionen, denn „sieht man in der Bruderschaft nicht schon Symptome eines Nachlassens in der Glaubensverkündigung?“ (Mgrs Williamson, Tissier de Malleria, de Gallarreta, 7-4-2012) 


(wird fortgesetzt)