MAN MUSS DEN
FINGER IN DIE WUNDE LEGEN
von Arsenius
zum Kurswechsel der FSSPX 2012.
Wie begegnen
Sie der Situation, in der sich die Kirche zur Zeit befindet?
Zwecks
Erörterung dieser Situation, nehmen wir [2] Mgr. Marcel Lefebvre als Vorbild :
1. Weil er ein Glied der Hierarchie war und daher der lehrenden Kirche
angehörte.
2. Weil seine philosophischen und theologischen Kenntnisse von reinstem Katholizismus
waren, die Doktorwürde in Theologie und Philosophie wurde ihm von der Päpstlichen
Universität Gregoriana zur Zeit Pius XI. verliehen.
3. Weil sein Leben von unbestreitbarer Heiligkeit war, die selbst von seinen Feinden
nicht infragegestellt wurde. Diese Heiligkeit garantiert uns die Perfektion
seiner Klugheit und damit der Besonnenheit seines Urteils.
4. Weil er die Kirche in den Zeiten vor dem Vatikanum II kannte, weil er bei diesem
Konzil dabei war und die Änderungen miterlebt hat, die nach demselben durchgeführt
wurden. Er hat mit diversen Päpsten persönlich gesprochen, mit diversen Staatsoberhäuptern
verhandelt und war der Obere einer religiösen Kongregation mit diversen
Bischöfen, die ihm untergeordnet waren. Darüberhinaus wurde er von Papst Pius
XII. hochgeschätzt.
Aus all diesen Beweggründen glauben wir, dass Mgr. Lefebvre eine sichere Referenz
ist, die uns hilft zu ermitteln, wie vorzugehen ist und wie die aktuellen Geschehnisse
zu bewerten sind.
Ist es denn nicht gefährlich einen Menschen als Referenz zu wählen, wo
doch Unser Herr Jesus Christus die einzige Referenz für jeden Katholiken ist?
Wir können in der Tat nur Unserem Herrn Jesus Christus bedingungslos folgen; aber
Er selbst wollte, dass wir Seine Lehre durch andere Menschen empfangen. Daher sollen
wir ihnen trauen, soweit wir es mit treuen Übermittlern dieser Lehre zu tun haben,
speziell wenn sie Garantien besitzen wie jene, die ich genannt habe, die wir
bei
Mgr. Lefebvre finden.
Darüberhinaus müssen wir uns bewusst sein, dass nicht alle, die die
Standespflicht haben, treue Übermittler der Lehre Unseres Herrn zu sein, das
auch tatsächlich sind. Daher ist eine akkurate Unterscheidung nötig, ganz
besonders heutzutage, um herauszufinden, wem wir trauen können.
Nun haben wir das Kriterium gesehen, dem zu folgen Sie vorschlagen. Damit kehre
ich zur ersten Frage zurück: Wie der Situation begegnen, in der sich die Kirche
derzeit befindet ?
Die Geschichte ist Meisterin des Lebens. Wir können diese Situation nur richtig
verstehen, wenn uns die zugehörigen geschichtlichen Ereignisse bekannt sind.
So muss man wissen, dass es seit dem 19. Jahrhundert im Busen der Kirche Männer
gab, die Papst Pius IX. als die schlimmsten Feinde der Kirche eingestuft hat
und die "Liberale" genannt wurden, deren markanteste Eigenschaft
darin bestand, dass wenn sie in katholischer Umgebung waren, sie wie Katholiken
handelten und sprachen,
wenn sie aber in weltlicher und/oder antikatholischer Umgebung waren, weltlich
und antikatholisch handelten und sprachen. Sie verteidigten vor allem die
Trennung von
Kirche und
Staat. Später brachte dieser selbe Geist des Liberalismus eine häretische Lehre
hervor, den Modernismus, der dann im 20. Jahrhundert durch Papst Pius X. als Bündel
und Zusammenfassung aller Häresien verurteilt werden würde. Zum
Modernismus zählten viele Glieder des Klerus, und selbst nach der Verurteilung
blieben sie getarnt im Busen der Kirche, denn ihr Ziel war, sie von innen zu
zerstören, sie zu "implodieren", anders als die Häretiker der
Vergangenheit, die, sobald sie verurteilt waren, die Kirche verließen und dazu
übergingen, sie von außen zu bekämpfen. In den Zeiten anscheinenden Gehorsams
gegenüber der Verurteilung ihrer Lehre, setzten die Modernisten die Verbreitung
ihrer Irrtümer heimlich fort, besonders in den Seminaren, und es gelang ihnen,
dass ihre Irrtümer Schritt für Schritt bis in die höchsten Ebenen der
Hierarchie aufstiegen. Schließlich würde einer, der die "Neuen Ideen"
teilte, nach dem Tod von Papst Pius XII. es schaffen, auf der Kathedra des hl.
Petrus
platzzunehmen. Von da an würden die schlimmsten Feinde Unseres Herrn und Seiner
Kirche Schritt für Schritt die wichtigsten Ämter in der Kirche besetzen, die
leitenden Ämter. Die Neomodernisten würden schließlich Progressisten genannt
werden.
Das ist die Situation in der wir uns befinden: die Heilige Kirche ist besetzt
und beherrscht von ihren schlimmsten Feinden, von den schlimmsten Feinden
Unseres Herrn Jesus Christus.
Welches ist der grundlegende Fehler des Modernismus?
Der hl. Papst
Pius X. beschrieb in seiner Enzyklika Pascendi umfassend den gesamten
doktrinellen Organismus des Modernismus, so dass wir wissen, dass sich alles in
einem kapitalen Fehler zusammenfassen lässt: für die Modernisten besteht der Glaube
in einem religiösen Gefühl. Und aus diesem katastrophalen Prinzip kommt ein ganzes
Bündel an Irrtümern: Agnostizismus, Rationalismus, doktrineller Evolutionismus,
Humanismus, die Religionsfreiheit, der Relativismus, der religiöse
Indifferentismus, der Subjektivismus, der Naturalismus. In Konsequenz kommt
auch die Behauptung, dass alle [3] Religionen gut seien, denn sie seien
allesamt nichts anderes als der Ausdruck des religiösen Gefühls eines jeden
Menschen. Auf der anderen Seite resultiert dieser
theologische Irrtum aus einem philosophischen Irrtum: dem Idealismus.
Waren die Nachfolger von Johannes XXIII. auch Modernisten?
Leider ja. [4]
Aber kann das
denn vorkommen, dass das sichtbare Oberhaupt der Kirche einen anderen Glauben
bekennt als den Glauben der Kirche? Dass der Papst eine Häresie verteidigt?
Jene, die diese Möglichkeit bestreiten, werden in zwei Gruppen geteilt: die Sedisvakantisten
und die fälschlich sogenannten "Konservativen".
a) die Sedisvakantisten behaupten angesichts der notorisch bekannten Tatsache
des Modernismus der jüngeren Päpste, dass der Stuhl Petri unbesetzt sei und
dass die Männer, die ihn der Reihe nach bekleiden keine Päpste seien.
b) Die "Konservativen" verschließen die Augen vor den gegebenen
Fakten und versuchen, selbst die merkwürdigsten Lehren der jüngeren Päpste in
katholischer Weise zu verstehen, sowie auch die extravagantesten ihrer
Haltungen. In vielen Fällen "assimilieren" sie schließlich diese oder
jene Lehre der Modernisten, wenn nicht in der
Theorie so doch zumindest in der Praxis.
Wir aber bestreiten nicht die Möglichkeit, dass ein Papst in Häresie fallen
kann und versuchen kann, die Heilige Kirche zu zerstören, deren Regierung ihm
anvertraut ist. Und unsere Position ist durch folgende Prinzipien begründet :
1. Wenn ein Bischof in Häresie fällt, ist er weiterhin Bischof seiner Diözese,
bis er vom Papst abgesetzt wird. Daher führt eine Häresie an sich noch nicht
dazu, dass ein Glied der Hierarchie sein kirchliches Amt verliert. Zudem steht
niemand auf Erden über dem
Papst,
um ihn absetzen zu können.
2. Die formale Häresie wird erst nach einer Warnung der kompetenten Autorität
erklärt, wenn jemand hartnäckig an seiner Häresie festhält. Danach erst wird
ein Dekret erlassen. Nun, wer auf Erden hat Autorität über den Papst, um ihn
zum formalen Häretiker zu erklären?
3. Wenige Modernisten wurden seit dem hl. Pius X. bis zu Pius XII.
exkommuniziert, obwohl es in diesem Zeitraum viele davon in der Kirche gab,
denn der Modernismus ist eine Häresie, die viele Formen hat und sich auf eine
mehrdeutige Art manifestiert. Wenn diese Modernisten nicht aus der Kirche
geworfen wurden und sich in ihren Ämter
gehalten haben, warum könnten die Päpste dann nicht auch weiterhin Päpste sein ?
4. Die Autorität über eine Gesellschaft zu übernehmen oder zu verlieren ist
etwas sehr Geheimnisvolles und wird im allgemeinen als fait accompli, als etwas
nicht rückgängigmachbares angesehen,
sobald die Autorität einmal allgemein anerkannt wurde.
5. Darüberhinaus wäre es unklug, zu bestreiten, dass ein Papst Häretiker sein
kann, denn gegebenenfalls folgten daraus viele gravierende Konsequenzen, die
schwierig zu lösen sind, wie etwa folgende: wer hätte die Autorität, ihn
abzusetzen? Wie würde ein
Papst gewählt, ein nicht-modernistischer Papst, wenn die Mehrheit der Kardinäle
Modernisten sind? Oder auch: wenn es keine Kardinäle mehr gibt die von einem traditionellen
Papst kreiert wurden; die von einem "falschen Papst" kreierten wären keine
wirklichen Kardinäle, wer würde dann einen neuen Papst wählen?
Wenn man bedenkt, dass es sich um eine Meinung handelt, ohne definitives
Verdikt der Kirche, ist es das Klügste, den Papst als wirklichen Papst zu
beurteilen, ihm aber nicht in die falsche Richtung zu folgen und sich nicht
seinen Anweisungen zu unterstellen.
Aber kennzeichnet diese Haltung nicht einen schismatischen Geist?
Keineswegs. Wir hängen mit ganzem Herzen dem ewigen Rom an und allen Päpsten,
die Vorgänger der modernistischen Päpste waren.
Wir wären im Schisma, wenn wir leugneten, dass der Papst das sichtbare Haupt
der Kirche ist, wie die Orthdoxen es tun; oder wenn wir leugneten, dass ein
legitim gewählter Papst Papst ist, wie es im sogenannten "Abendländischen
Schisma" vorkam; oder wenn wir eine nationale Parallelkirche gründeten,
wie es im England des 16.
Jahrhunderts vorkam oder im kommunistischen China. Es sind die Modernisten, die
eine Parallelkirche innerhalb der Heiligen Kirche selbst errichtet haben.
Wir hätten einen schismatischen Geist, wenn
unsere Haltung in Rebellion gegen die Autorität der Kirche inspiriert wäre.
Nun, der Beweggrund, der uns zum Widerstand gegenüber den modernistischen Gliedern der Hierarchie führt,
ist im Gegenteil unsere
Anhänglichkeit an das Lehramt der Kirche, aus der heraus wir uns den
modernistischen Lehren widersetzen.
Die Schismatiker namens "Altkatholiken" aus dem 19. Jahrhundert
haben ebenfalls die Kirche angeklagt, ihre Lehre zu erneuern und sie behaupten,
sie seien die Bewahrer der traditionellen Lehre der Kirche. Ist das nicht
dasselbe wie jetzt mit den Traditionalisten?
Die Ähnlichkeit
ist nur dem Anschein nach gegeben. Wir kämpfen gegen den Modernismus, eine
Häresie die bereits von der Heiligen Kirche verurteilt ist. Zur Zeit sind viele
Glieder der Hierarchie bekanntermaßen Verteidiger der modernistischen Theologie;
sie machen kein Geheimnis daraus. Und die ganze "neue Ekklesiologie"
ist auf den modernistischen Prinzipien gegründet.
Nun, dann sehen Sie sich also als "Herren der Wahrheit" an...
Kein wahrer
Katholik ist "Herr der Wahrheit", er ist vielmehr Schüler der
Wahrheit. Das ist er in dem Maße, in dem er ohne Einschränkung die vom
göttlichen Meister offenbarten und von Seiner Kirche gelehrten Wahrheiten
annimmt. Der Katholik weist in aller Standhaftigkeit jeglichen doktrinellen
Irrtum zurück.
Allerdings ist die Anklage, dass die jüngeren Päpst Modernisten sind,
sehr schwerwiegend ...
Ja, sehr
schwerwiegend. So schwerwiegend wie die tatsächlichen Verfehlungen.
Und worauf stützen Sie diese Behauptung?
Die Fakten stützen die Behauptung. Die notorisch bekannten historischen Fakten.
Unter den vielen Fakten, die wir anführen könnten, um die Wahrheit dieser
Behauptung zu beweisen, zitieren wir bloß einige, die aufgrund ihrer Evidenz
ausreichend sind.
Johannes XXIII.: Bereits bevor er Papst wurde, wurde er als des Modernismus verdächtig
angesehen. [5]
Als sein Pontifikat begann, zeigte sich seine Regierung als ein
charakteristisches Übergangspontifikat, das als Kennzeichen das Ende der
"Zeiten der Verurteilung" trug, als die Modernisten "ruhig
atmen" konnten, weil sie nicht "belästigt" wurden.
Das zeigt klar, das Johannes XXIII. schon bevor er Papst wurde mit den Lehren
der Modernisten sympathisierte und als Papst denselben Weg fortsetzte.
Paul VI.: Bereits bevor er Papst wurde, als Staatsekretär, manifestierte sich
sein Liberalismus. [6]
Nachdem er Papst war, unterstützte er auf dem Vatikanum II den
progressistischen Flügel derart, dass dieser viele Triumpfe bei der Redaktion
der Dokumente dieses Konzils erreichen konnte. [7]
Warum diese Unterstützung, wenn nicht weil er "auf der Seite" der
Modernisten war?Und dieser Papst bemühte sich die Reformen offiziell und
methodisch umzusetzen, deren Grundlage die Lehre des Vatikanum II war. [8]
Johannes Paul II.: Bereits bevor er Papst wurde, war er Bewunderer einer
Philosophie und einer Theologie modernistischer Prägung. [9]
Als er Papst
wurde, vertrat er in seiner Enzyklika Dominum et Vivificantem eine ausgewachsene
Häresie: die, dass die Fleischwerdung bewirke, dass alle Menschen mit Gott
verbunden seien, und in einer Botschaft an die Völker Asiens präzisierte er,
dass durch die Kreuzigung und die Auferstehung Unseres Herrn jeder Sohn Gottes
wird (also
alle Menschen), der göttlichen Natur teilhaftig und Erbe des ewigen Lebens
wird. [10]
Viele seiner Taten und Worte manifestierten klar, dass er wie früher weiterhin
auf der Seite des Modernismus war.
Zwei Beispiele :
a) Er erhob
drei Modernisten zu Kardinälen, deren Werke von Pius XII. verurteilt worden
waren, ohne dass sie ihre modernistischen
Irrtümer widerrufen hätten. Warum Modernisten "rehabilitieren" und
promovieren, wenn nicht, weil er so wie sie gedacht hat und nicht genau
umgekehrt wie sein Vorgänger Pius XII.? [11]
b) Er bat den Bürgermeister von Rom, dass
dieser kostenlos ein Grundstück zwecks Bau einer Moschee zur Verfügung stelle.
[12] Was ist der Grund für diese seine so skandalöse Haltung, wenn nicht weil
er von der modernistischen Lehre durchtränkt war? Denn wenn der Glaube bloß ein
religiöses Gefühl ist, warum dann verhindern, dass die Muselmanen oder sonst
ein Mensch seinen "Glauben" praktiziert.
Benedikt XVI.:
Wie sein Vorgänger war er Bewunderer einer Philosophie und einer Theologie
modernistischer Prägung bereits bevor er Papst wurde. [13] Auch er verteidigt eine
ausgewachsene Häresie, indem er leugnet, dass das blutige Opfer Unseres Herrn am
Kreuz ein Sühneopfer ist. [14] Als er Papst wurde, hat er diesen
Irrtum nicht widerrufen und viele seine Taten und Worte manifestieren klar,
dass er wie zuvor Befürworter des Modernismus geblieben ist.
Wir zitieren zwei Beispiele :
a) Er hat seine Zustimmung zum Treffen von
Assisi seines Vorgängers [15] gezeigt, einem Treffen mit Repräsentanten
diverser falscher Religionen, die gerufen wurden, für den Frieden zu ihrem
"Gott" (!?) zu beten. Was kann das bedeuten, wenn nicht dass er
(genau wie Johannes Paul II.) von der modernistischen Lehre durchtränkt ist?
Denn, wenn der Glaube bloß ein religiöses Gefühl ist, dann kann
jeder zu "seinem" Gott beten, den er in sich "spürt".
b) In einem Brief an die Bischöfe des
Weltkreises, drückt er eine typisch modernistische Lehre aus: "alle, die
an Gott glauben, suchen miteinander den
Frieden, versuchen einander näher zu werden, um so
in der Unterschiedenheit ihres Gottesbildes doch gemeinsam auf die Quelle des
Lichts zuzugehen der interreligiöse Dialog" [16].
Allerdings sollten wir nicht schlecht über unsere Oberen sprechen. Schon
gar nicht über den Papst.
Sicher. Wenn aber einer unserer Oberen, und sei er ein Papst, durch seine Art
des Vorgehens oder durch seine Art zu sprechen Ursache der ewigen Verdammnis
seiner Untergebenen ist, dürfen seine Irrtümer denunziert werden, damit unser
Nächster sich der Gefahr bewusst wird, in der er sich befindet.
Wenn wir uns in dem konkreten Fall, den wir
hier behandeln, nicht bewusstmachten, in was für einem schrecklichen Krieg wir
uns befinden (Krieg zwischen Licht und Finsternis, zwischen Wahrheit und
Irrtum), fielen wir früher oder später in die heimtückischen
Fallen, die die Modernisten immer wieder für die wahren Katholiken aufstellen,
damit diese in ihre "neue Ekklesiologie" eintreten. Das ist, was sie
wollen, da sie jetzt die Macht in den Händen haben. Und sie sind sich
wohlbewusst, dass sie uns "absorbieren" können.
Die römischen Autoritäten wollen nun diesen Krieg beenden, wollen die Situation
der Traditionalisten legalisieren, aber letztere wollen von Rom getrennt
bleiben.
Wir nehmen dieses Angebot der Legalisierung nicht deswegen nicht an, weil wir
von Rom getrennt bleiben wollen. Wir haben uns übrigens nie vom ewigen Rom
getrennt sondern vom modernistischen Rom. Der Grund, warum wir diese Angebote
nicht annehmen, liegt darin, dass wir sehr wohl wissen (und die Modernisten
wissen das ebenso), dass die Annäherung an die Modernisten regelmäßig zu einer
Schwächung des
Kampfes gegen die Irrtümer dieser Feinde Gottes und der Kirche führt, und auch
zur teilweisen Annahme ihrer Lehren (und das selbst bei vielen, die wir als
"Libanonzedern" [A.d.Ü.: vgl. 1 Kön 5,13 und 1 Kön 5,20] angesehen
haben). Sich ihnen annähern führt zur "Ansteckung".
Darüberhinaus muss man bedenken, wie bei der Implantation des Modernismus in
der Kirche nach dem Tod des letzten Papstes, der ihn bekämpfte, vorgegangen
wurde. Johannes XXIII. war ein Übergangspapst, der den Modernisten das
"Bürgerrecht" gab und gleichzeitig quasi alles in der Kirche
weiterhin traditionell erscheinen ließ. Paul VI. war der Papst der methodischen
und offziellen Implantation der modernistischen Reformen auf allen Ebenen der
Kirche. Johannes Paul II. war der Papst der Konsolidierung derselben Reformen.
Die Modernisten beherrschten nun ungestört die Situation. Sie konnten nun den
"Dissidenten", die nicht alles hinnahmen, was passierte,
"ihre Arme öffen". Sie konnten nun ganz offiziell die
"Traditionalisten" der "neuen Ekklesiologie" einverleiben,
ohne jede Gefahr, die Führung der Dinge zu verlieren, die Führung in die
Richtung, die sie im Auge hatten und haben.
Die Mission des
Pontifikats Benedikts XVI. besteht darin diese "Vereinigung" zu
festigen.
Bedeutet das denn nicht, die Absicht des
Papstes zu verkennen?
Benedikt XVI.
hat selbst gesagt, dass der Beweggrund der doktrinellen Diskussionen, die Rom mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. aufnahm, die
Anerkennung des Vatikanum II sei (und damit der Neuen Messe, die Frucht der
Prinzipien dieses Konzils ist), sowie des nachkonziliaren Lehramts. [17]
Was ist denn schlecht an der Neuen Messe und am Vatikanum II?
Schauen wir uns bloß einen Aspekt der Neuen Messe und einen des Vatikanum II
an. Das wird reichen, um zu beweisen, dass Katholiken beides nicht annehmen
können, schon gar nicht zusammen.
Die Neue Messe :
Das grundlegende Problem der Neuen Messe
besteht nicht darin, dass sie in Landessprache und "dem Volk
zugewandt" oder würdelos gefeiert wird.
Selbst in lateinischer Sprache "mit dem Rücken zum Volk", mit allen
Paramenten usf. sollten die Priester die Neue Messe erst gar nicht lesen und
die Gläubigen sie nicht hören. Warum? Wir geben einen Beweggrund unter diversen
möglichen an, der so wichtig ist, dass er allein beweist, was wir sagen.
Mgr. Bugnini, der die Neue Messe ausgearbeitet hat, hat in L'Osservatore Romano erklärt, dass seine
Absicht bei der Ausarbeitung darin bestand, die protestantischen "getrennten
Brüder" zu erfreuen. Das war das Ziel desjenigen, der die neue Messe hergestellt
hat, die Zweckursache der neuen Messe. Und wurde der Zweck erreicht?
Leider ja. Ein protestantischer Pastor erklärte, dass man jetzt das
protestantische Abendmahl unter Verwendung des römischen Missale feiern könne, dass
das "theologisch" (gemäß der protestantischen "Theologie")
möglich sei! Ja, Msgr. Bugnini hat sein Ziel erreicht: die Neue Messe dem
protestantischen Abendmahlsritus gleichzustellen. Und was bedeutet das? Dass in
der Neuen Messe Häresien stecken?
Nein. Überhaupt, ist die Messe denn ein Glaubensbekenntnis? Nicht direkt, aber
unser Gebet sollte unserem Glauben entsprechen. Die Kirche hat es immer so
verstanden und die Häretiker auch. Im Laufe der Geschichte haben die Häretiker,
die auftauchten, aus diesem Grund Zeremonien erfunden, die liturgisch ihre
Häresien ausdrückten. Die neue
Messe ist der liturgische Ausdruck der schrecklichsten aller Häresien: des Modernismus.
Msgr. Fernando Rifan schließt die Augen vor den evidenten Fakten und verteidigt
die Neue Messe mittels einer durchtriebenen Argumentation, die geeignet ist,
viele Seelen zu täuschen. Er argumentiert auf folgende Weise :
Die Kirche kann
kein liturgisches Gesetz erlassen, das den Seelen schadet.
Nun die Kirche
hat die Neue Messe dekretiert.
Folglich
schadet die Neue Messe den Seelen nicht.
Der Irrtum
dieses Syllogismus liegt in seinem "Untersatz" (die Kirche hat die
Neue Messe dekretiert), denn wenn ein Papst versucht, die Kirche zu zerstören,
dann ist die Kirche nicht in ihm. Nun, was gibt es Destruktiveres für die
Kirche, als die Messe in ein protestantisches Abendmahl zu verwandeln? Wenn
auch Paul VI. die Neue Messe
erlassen hat, so war es nicht die Kirche die sie erlassen hat.
Das verhält sich ähnlich wie bei der Ausübung legitimer Autorität :
Wenn die Untergebenen einem Oberen gehorchen, dann gehorchen sie Gott, denn die
Autorität kommt von Gott. Wenn aber ein Oberer eine Anweisung gegen das Gesetz Gottes
gibt, dann missbraucht er seine Macht, und wenn die Untergebenen ihm gehorchen,
dann gehorchen sie nicht Gott, denn in diesem Fall ist der Obere nicht von Gott
autorisiert.
Wenden wir dieses Prinzip auf unseren Fall an, dann sehen wir, dass die Kirche
ihre Autorität nicht einem Papst geben kann, der anweist, dass eine Messe
gefeiert werde,
die dem protestantischen Abendmahl gleichgestellt
ist, und zwar genau weil dieser Papst seine Macht missbraucht.
Das Vatikanum II :
Das Zweite Vatikanische Konzil umfasst diverse Dokumente, die doktrinell nicht akzeptabel
sind und es ist insgesamt von einem Geist durchdrungen, der nicht katholisch
ist.
Wir führen nur ein Beispiel aus vielen an, die
angeführt werden könnten. Es ist so gravierend, dass es ausreicht, unsere
Behauptung zu beweisen.
Seit dem Beginn
des Konzils gab es die gegenseitige Opposition zweier Kardinäle, von denen
jeder eine Lehre vertrat: Der eine die katholische Lehre von der religiösen Toleranz
und der andere die liberale Doktrin (die die Modernisten übernommen hatten) von
der Religionsfreiheit. Nun, das Zweite Vatikanische Konzil entschied sich in
dem Dokument, das dieses Thema behandelt, für die liberale Lehre. Wenn auch
Autoren wie
D. Basílio OSB und Msgr. Fernando Rifan zeigen wollen, dass diese Lehre
katholisch sei und mit diversen früheren Äußerungen der Kirche übereinstimme,
so bleibt dies doch angesichts folgender konkreter Fakten unbeweisbar :
Der hl. Stuhl selbst, setzte in Anwendung der Lehre des Vatikanum II durch,
dass diverse Staaten aufhörten, offiziell katholisch zu sein.[18]
Diese Haltung steht komplett im Gegensatz zu allem, was die Kirche immer
gelehrt hat.
Auch in diesem
Punkt stimmt Benedikt XVI. mit Johannes Paul II. überein. [19]
So sind ihre Taten tatsächlich gegen das soziale Königtum Unseres Herrn Jesus
Christus gerichtet. [20]
Arsenius
[1] Dieser Artikel ist im Stil eines Interviews gehalten. Daher sagt der
Befragte einfach, was er zum Thema weiß, ohne sich auf Dokumente zu beziehen.
Dennoch verweisen wir in Fußnoten auf einige Texte, die konsultiert werden
können, wenn wir über die jüngeren Päpste sprechen.
[2] Ich verwende den Pluralis Majestatis, um nicht dauernd "ich, ich,
ich" zu wiederholen, sowie auch weil das, was ich hier vorstelle, gleichermaßen
Ausdruck dessen sein kann, was auch
andere denken.
[3] Und nicht nur die einzige wahre Religion, die Heilige Katholische Kirche.
[4] Der Modernismus präsentiert sich mehrdeutig und in vielen Formen. Soweit
man nicht sagen kann, dass diese Päpste Modernisten im Sinne der ganzen
Tragweite des Wortes sind, so sind sie doch zumindest Liberale, die Teil der
modernistischen Bewegung sind.
[5] Siehe Congar, oder die Neue Theologie (cadernos Semper) S. 26-27
[6] Siehe Marcel Lefebvre (von D. Tissier de Mallerais) S. 247-248. Siehe auch
Vom Liberalismus zur Apostasie S. 240-241.
[7] Siehe Vom Liberalismus zur Apostasie S. 240-241.
[8] Siehe Vom Liberalismus zur Apostasie S. 244-245 und 249-250.
[9] Siehe Hundert Jahre Modernismus (von P. Dominique Bourmaud) S. 396-397.
[10] Siehe Si
Si No No (brasilianische Ausgabe) Nr. 174, S. 8 und Marcel Lefebvre (von
D.Tissier de Mallerais) S. 557.
[11] Siehe
Zeitschrift Iesus Christus Nr. 134, S. 5.
[12] Siehe Zeitschrift Iesus Christus Nr. 134, S. 17.
[13] Siehe Zeitschrift Semper Nr. 77, S. 1-6. Siehe auch Hundert Jahre
Modernismus (von P. Dominique Bourmaud) S. 383.
[14] Siehe Vortrag von D. Tissier de Mallerais gehalten auf dem Symposium
Pascendi (9., 10. und 11. November 2007, Paris) auf
http://www.co-redentora.com.br
[15] Siehe Zeitschrift Tradición Católica Nr. 215, S. 18-21.
[16] Brief S.H. Papst Benedikt XVI. an die Bischöfe der katholischen Kirche,
10. März 2009
http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-
xvi_let_20090310_remissione-scomunica_ge.html
[17] "Die jetzt zu behandelnden Probleme sind wesentlich doktrineller
Natur und betreffen vor allem die Annahme des II. Vatikanischen Konzils und des
nachkonziliaren Lehramts der Päpste.
[...] Man kann die Lehrautorität der Kirche nicht im Jahr 1962 einfrieren das
muß der Bruderschaft ganz klar sein." siehe Brief S.H. Papst Benedikt XVI.
an die Bischöfe der katholischen Kirche, 10. März 2009
[18] Siehe Vom Liberalismus zur Apostasie S. 187, 252 und 254.
[19] Siehe Vom Liberalismus zur Apostasie S. 254-255.
[20] Siehe Vom Liberalismus zur Apostasie S. 256.
[A.d.Ü.: die Seitennummern beziehen sich jeweils auf die portugiesischsprachige
Ausgabe der
Schrift]
Anmerkungen zur Übersetzung:
Abgerufen am 8.8.2012.
Deutsche
Übersetzung, nicht autorisiert.
Zwecks Übersetzung der teils wörtlichen und teils sinngemäßen Zitate von Papst Benedikt
XVI. wurde folgende Quelle verwendet:
BRIEF SEINER HEILIGKEIT PAPST BENEDIKT XVI. AN DIE BISCHÖFE DER KATHOLISCHEN
KIRCHE IN SACHEN AUFHEBUNG DER EXKOMMUNIKATION DER VIER VON ERZBISCHOF LEFEBVRE
GEWEIHTEN BISCHÖFE, 10.
Der Übersetzer