Doppeldeutige Äußerungen in der Erklärung vom 14.07.2012


Doppeldeutige Äußerungen in der Erklärung vom 14.07.2012

InDominoSperavi


Michael

Übersetzung von Anne-Catherine


Dieser Artikel wurde im September 2012 geschrieben. Er enthält Verweise auf zahlreiche wichtige Texte, die im Internet verbreitet wurden. Er weist nach, daß durch die Erklärung vom 14. Juli 2012 (veröffentlicht am 19. Juli), obwohl sie im Sinne der Tradition zu sein scheint, tatsächlich mehrere Grundsätze der Bruderschaft völlig verändert wurden. Diese Erklärung ist das II. Vatikanum der Bruderschaft.  


Untersuchung der doppeldeutigen Äußerungen in der Erklärung des Generalkapitels der Priesterbruderschaft St. Pius X vom 14. Juli 2012

Zitat:
„Am Ende des Generalkapitels der Priesterbruderschaft St. Pius X. [sind] wir, die Teilnehmer, Bischöfe, Obere und Älteste dieser Bruderschaft, vereint mit dem Generaloberen, am Grab unseres verehrten Gründers, Mgr Marcel Lefebvre, versammelt.“

Kommentar: „vereint mit dem Generaloberen“: Bereits in den ersten Zeilen der Erklärung legt das Generalkapitel Wert darauf, zu betonen, daß die beiden Bischöfe, Mgr Tissier de Mallerais und Mgr de Galarreta (1), sowie die anderen Teilnehmer mit dem Generaloberen „vereint“ sind. Nach der durch das Bekanntwerden des Briefes vom 7. April 2012 (änglisch / französich) ausgelösten Aufregung und den mutigen Wortmeldungen von Mgr Tissier de Mallerais mußte dies in der Tat klargestellt werden!
Dieser Satz ist doppeldeutig. Sind sie mit dem Oberen vereint, weil sie ihre Meinung geändert haben oder sind sie durch die Gemeinschaft der Heiligen vereint, so wie jeder Mensch, der sich im Stand der Gnade befindet, mit den anderen vereint ist?
Außerdem fehlte ein Bischof bei dem Treffen...

Der Ausschluß von Mgr Williamson stellt eine schwerwiegende Regelwidrigkeit dar, die die Abstimmungen und die Bedeutung des Generalkapitels annulliert.

Das Kapitel ist nicht normal verlaufen, da der Generalobere der Bruderschaft, Mgr Fellay, beschlossen hatte, einen seiner Opponenten, Mgr Williamson, fernzuhalten, der - wie durch die Statuten der Bruderschaft festgelegt - rechtmäßiges Mitglied des Kapitels ist. Diese Regelwidrigkeit, eine offenkundige Verletzung der Statuten, hat Priester und Gläubige schockiert. Pater Moulin legt in einem offenen Brief vom 29. Juni 2012 dar, daß dieser Ausschluß laut Kirchenrecht ungerechtfertigt ist, und Pater Meramo schreibt das gleiche in einem Brief vom 13. Juli 2012 an den Leiter vonRadio Christiandad.
Die Entscheidung des Generaloberen wurde durch eine nachträgliche Abstimmung bestätigt. Eine bereits umgesetzte ungerechte Entscheidung durch eine Abstimmung zu billigen, ist eine merkwürdige Vorgehensweise. Juristisch hat diese beratende Abstimmung keinerlei Gültigkeit, wenn eine Änderung der Zusammensetzung des Kapitels beabsichtigt ist.

Zitat:
„Wir drücken allen Mitgliedern der Bruderschaft, Priestern, Brüdern, Schwestern, Mitgliedern des Dritten Ordens, den befreundeten Ordensgemeinschaften wie auch den treuen Gläubigen unsere tiefe Dankbarkeit aus für ihre tägliche aufopfernde Hingabe und die eifrigen Gebete anläßlich dieses Kapitels.“

Kommentar: Auch dies ist wieder doppeldeutig. Die Karmeliter, Kapuziner und Dominikaner, die kontemplativen Dominikanerinnen, diejenigen Schwestern von Fanjeaux, die auf der Seite ihrer Gründerin, Mutter Annne-Marie Simoulin, stehen, die Benediktiner...sind sie Teil der befreundeten
Ordensgemeinschaften?
Ein Gläubiger, der die aktuellen Ereignisse nicht aufmerksam verfolgt, liest in gutem Glauben, daß die Ordensgemeinschaften, die treu zu den Grundsätzen Mgr Lefebvres stehen, „befreundet“ sind. Das Wort „befreundet“ unterstellt, daß diese Gemeinschaften die Ansichten des Kapitels  und seiner um den Oberen versammelten Mehrheit teilen. Das stimmt nicht! Es ist wirklich gewagt, von Freundschaft zu reden, da alle diese Gemeinschaften in festem Gegensatz zur Neuorientierung des Generaloberen stehen, der am 29. Juni drei Dominikanern und drei Kapuzinern mit Hinweis auf  Zweifel an der Loyalität dieser beiden Gemeinschaften (so der Wortlaut des Briefes vom 25. Juni 2012) die Priesterweihe verweigert hat. Mutige Mitglieder des Kapitels haben dieser beispiellosen Demütigung ein Ende bereitet; die Priesterweihen werden am 11. Oktober 2012 stattfinden. Trotzdem hat das Generalkapitel diese Demütigung über mehrere Monate hinweg andauern lassen und es hat keinerlei Erklärung abgegeben, um diesen Skandal und diesen Machtmißbrauch wiedergutzumachen.

Zitat:
„Alle Opfer, alle großmütig angenommene Mühe, haben sicherlich dazu beigetragen, die Schwierigkeiten zu überwinden, die der Bruderschaft in letzter Zeit begegnet sind.“

KommentarDie Schwierigkeiten sind also laut dieser Erklärung behoben; es gibt demnach kein Problem mehr. Alle stimmen darin überein.
Eins von beiden:
- Entweder ist das wahr; in diesem Fall haben sich die Abkommensgegner mit Mgr Fellay geeinigt, und das ist  schwerwiegend, denn wir wissen, daß Mgr Fellay nach wie vor ein praktisches Abkommen mit Rom anstrebt.
- Oder es ist falsch und die Erklärung ist irreführend. In diesem Fall gibt es eine Mehrheit von Lügnern im Kapitel, denn es wurde über jeden Satz abgestimmt, wie uns Pater Morgan in seinem Brief vom August 2012 mitteilte.
In beiden Fällen ist es zumindest beunruhigend. In beiden Fällen können wir unmöglich Vertrauen haben. Wenn die Schwierigkeiten überwunden sind, wie erklären sich dann die vertraulichen Briefe, die nach dem Kapitel im Internet durchsickerten? So erfahren wir durch den vertraulichen Brief Pater Thouvenots vom 18. 7. 2012, daß die modernistischen Konzilsbischöfe  Aufsicht über die Häuser der Bruderschaft erhalten sollen. Die Unabhängigkeit der Bruderschaft von den Ortsbischöfen ist wünschenwert, aber nicht notwendig. („Wünschenswerte Bedingungen : Exemtion der Häuser der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Bezug auf die Diözesanbischöfe.“)
Im übrigen sind auch die Schwierigkeiten nicht behoben, die sich durch einen unserer vier Bischöfe ergeben, denn Mgr Williamson hat die vom Kapitel eingeschlagene Richtung kritisiert, die zu den berühmten sechs  Bedingungen - sine qua non und wünschenswerte - führte.
Außerdem leisten etliche Priester weiterhin innerhalb der Bruderschaft Widerstand (vgl. die Webseite Lasapiniere.info)
Es ist daher nicht hinzunehmen, daß gesagt wird, „die Schwierigkeiten sind überwunden“, denn das zeugt im schlimmsten Fall von Unehrlichkeit, im besten Fall von der Anwendung der Coué-Methode (1).

Zitat:
„Wir haben unsere innere Einheit wiedergefunden in der wesentlichen Aufgabe der Bruderschaft: den katholischen Glauben zu bewahren und zu verteidigen, gute Priester heranzubilden und an der Erneuerung der Christenheit zu arbeiten.“
Kommentar: Dieses Vorgehen ist sehr geschickt und der wenig aufmerksame Leser mag in die Falle gehen. Dieser Satz ist doppeldeutig. Selbstverständlich wollte Mgr Fellay immer den katholischen Glauben bewahren und verteidigen, genau wie die Abkommensgegner. Es gab nie eine Spaltung, was diesen Punkt betrifft; über das Ziel der Bruderschaft sind sich alle einig.
Nicht einig sind wir uns aber über die Mittel: Die Abkommensbefürworter behaupten, das beste Mittel, die Christenheit zu erneuern, sei, sich Rom anzuschließen und es auf diese Weise zu bekehren. Wir aber sagen, daß es irrsinnig ist, Rom bekehren zu wollen, wenn man sich in untergeordneter Position befindet, vor allem da die Mehrheit der Römer versierte Freimaurer sind, die für die Zerstörung der Kirche kämpfen.
Der Zweck dieses Satzes ist daher nicht, den Gemeinplatz (den Glauben und die Christenheit erneuern) zu betonen, sondern auf der wiedergefundenen Einheit zu beharren. Man spricht von innerer Einheit in bezug auf Gemeinplätze, aber man schweigt über das wichtige Thema: die Bedingungen für das Abkommen mit Rom.

Pater Pfluger, der erste Assistent des Generaloberen, hat anläßlich eines Vortrages in Florida die  äußerst gespannte Atmosphäre des Kapitels erwähnt. Er hat von erregten Diskussionen zwischen  Mgr Fellay und Mgr Tissier gesprochen. (Vergleichen wir diese Aussagen von Pater Pfluger mit dem offiziellen Communiqué vom 14. Juli 2012: „Versammelt am Grab von Mgr Lefebvre haben die Mitglieder des Kapitels Gott gedankt für die innere Einheit die während dieser arbeitsreichen Tage zwischen ihnen herrschte.“)  Wer lügt? Pater Pfluger oder der Verfasser des Communiqués? Natürlich der Verfasser. Außerdem hat Pater Pfluger anläßlich des Vortrages in Sanford Mgr Williamson und Mgr Tissier  öffentlich kritisiert.
Zitat:
„Wir haben notwendige Bedingungen für eine eventuelle kanonische Normalisierung definiert und angenommen.“

Kommentar: Das ist interessant, aber welches sind die Bedingungen im Plural, denen kein bestimmter Artikel vorausgeht? Es ist unangemessen, das Vorliegen von „Bedingungen“ zu  vermelden, diese aber nicht bekanntzugeben. Zum Glück blieben sie nicht lange geheim. Der vertrauliche Brief von Menzingen vom 18. 7. 2012 (3), in dem die Bedingungen aufgeführt waren, wurde im Internet verbreitet. Diejenigen, die bezweifeln sollten, daß die vom Kapitel festgelegten Bedingungen die gleichen sind wie die in dem Brief enthaltenen, mögen lesen, was Mgr Williamson, der gut informiert ist, dazu sagt:

Dennoch war das Kapitel eine ernsthafte Angelegenheit. Wie lautet sein Ergebnis? Es verabschiedete vor allem eine Erklärung, welche einige Tage später veröffentlicht wurde, sowie sechs Bedingungen für ein zukünftiges Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft." [EC 264 : Ein KapitelDurch ein Leck tauchten diese Bedingungen kurz danach im Internet auf (ich halte dieses Leck nicht für unvernünftig, wenn wir bedenken, wie viele Katholiken momentan ihren Glauben und ihr Seelenheil der Priesterbruderschaft anvertrauen). Zwar gebührt jenen guten Männern auf dem Generalkapitel alle Ehre, die mit all ihren Kräften den Schaden zu begrenzen versuchten. Wenn allerdings die Erklärung und die Vorbedingungen den jetzigen Geisteszustand der Bruderschaftsführung als Ganzes widerspiegeln, so gibt es ernsthaften Grund zur Sorge. .“

Solange die Mitglieder des Kapitels nicht dementieren (4), daß die vom Kapitel formulierten Bedingungen die gleichen sind wie die im Thouvenot-Rundschreiben, solange sie zu diesem Punkt schweigen, bedeutet dieses Schweigen ihr stillschweigendes Einverständnis. Durch ihr Schweigen geben sie zu, daß diese sechs Bedingungen, die drei sine qua non und die drei wünschenswertentatsächlich die vom Kapitel formulierten sind. 
Es ist traurig und kränkend für die Gläubigen, daß man hinsichtlich der Bedingungen für den   Anschluß an Rom ihre berechtigte Neugierde weckt, um diese Bedingungen dann ausschließlich  den Oberen in Form eines vertraulichen Schreibens mitzuteilen. Welches Vertrauensverhältnis stellt  Mgr Fellay hier zwischen Priestern und Gläubigen her ! 

Zitat:
„Wir haben die notwendigen Bedingungen für eine eventuelle kanonische Normalisierung definiert und angenommen.“

Kommentar: Der Begriff „kanonische Normalisierung“, den der Generalrat der Bruderschaft fortan bevorzugt, relativiert den zwischen Rom und der Tradition bestehenden Graben, wobei dieser Graben juristische Bedeutung hat. In früheren offiziellen Publikationen der Bruderschaft und beim Kapitel von 2006 wurde der  Begriff „praktisches Abkommen“ oder „lehrmäßiges Abkommen“ verwendet. Das Abkommen setzt die Gleichheit der Parteien voraus und es zeugt keineswegs von Hochmut, wenn die Tradition mit dem „modernistischen Rom“ von gleich zu gleich verhandelt, wie Mgr Lefebvre 1974 sagte.
Die Verwendung anderer Bezeichnungen ist die Vorbereitung zur Abschaffung des Notstands-Begriffes, der den Kampf der Tradition, den Ungehorsam gegenüber dem Papst und den Ortsbischöfen rechtfertigte.

Zitat:
„Es wurde festgelegt, daß in diesem Fall vorher ein außerordentliches, beschließendes Kapitel einberufen wird.“
Kommentar: Das beschließende Kapitel ist mehrheitlich auf der Seite Mgr Fellays (vgl. 29 Stimmen gegen Mgr Williamson gegen 9 Stimmen zu seinen Gunsten). Das Kapitel hat mehrheitlich für die im Brief vom 18. Juli aufgeführten sechs schlechten Bedingungen gestimmt. Das Kapitel gibt sich daher nur den Anschein einer Absicherung, schützt jedoch vor nichts, zumal seine Zusammensetzung bis zur Unterschrift des Abkommens mit Rom durch beliebige Ernennungen noch geändert werden kann. Opponenten, und seien sie Bischöfe, können sogar willkürlich  ausgeschlossen werden, wie es in diesem Jahr geschehen ist.

Zitat:
„Das Kapitel erachtet es als erste Pflicht der Bruderschaft (...) fortzufahren, den katholischen Glauben in seiner ganzen Reinheit und Unversehrtheit zu bekennen, mit einer Entschlossenheit, die den Angriffen entspricht, die eben dieser Glaube fortwährend erleidet.
Darum erscheint es uns angebracht, unseren Glauben an die römisch-katholische Kirche erneut zu bekräftigen, an jene einzige Kirche, die unser Herr Jesus Christus gegründet hat und außerhalb derer es kein Heil und keine Möglichkeit gibt, die Mittel zu finden, die zum Heile führen: An die von Jesus Christus so gewollte monarchische Verfassung, was bedeutet, daß die höchste Regierungsgewalt über die Kirche allein dem Papst als Stellvertreter Christi auf Erden zukommt.“

Kommentar: Dieser Abschnitt zeugt vom Lehensverhältnis (mouvance) Mgr Fellays: Der Glaube ist in Gefahr, daher weise ich Sie darauf hin, daß es „außerhalb der Kirche kein Heil“ gibt, „außerhalb der Unterordnung unter die Regierungsgewalt des Papstes kein Heil“. Aufsässige Bischöfe, Abkommensgegner, ich weise Sie darauf hin, daß Sie Gefahr laufen, zu Schismatikern oder Sedesvakantisten zu werden.
Antwort: Mit den in dieser Erklärung angeführten Prinzipien sind wir selbstverständlich einverstanden. Aber wir erinnern uns auch an das, was Mgr Lefebvre uns am 29. Juli 1976 gesagt hat:
„Die Kirche, die solche Irrtümer bejaht, ist zugleich schismatisch und häretisch. Diese  konziliare Kirche ist also nicht katholisch. In dem Maße als der Papst, die Bischöfe, die Priester oder die Gläubigen dieser neuen Kirche anhängen, trennen sie sich von der katholischen Kirche.
Die Kirche von heute ist nur insoweit die wahre Kirche, als in ihr die Kirche von gestern, die Kirche aller Zeiten fortbesteht und sie mit dieser in Einheit verbunden bleibt. Die Norm des katholischen Glaubens ist die Überlieferung.“

Zitat:
„Was die mit Irrtümern behafteten Neuerungen des II. Vatikanischen Konzils betrifft sowie die Reformen, die daraus hervorgegangen sind, so kann die Bruderschaft nicht anders als fortzufahren, sich an die Aussagen und Lehren des beständigen Lehramtes der Kirche zu halten;
Sie findet ihren Führer in dem ununterbrochenen Lehramt, welches durch die Ausübung der Lehrgewalt die hinterlegte Offenbarung in vollkommener Übereinstimmung mit dem, was die gesamte Kirche überall und zu allen Zeiten geglaubt hat, weitergibt.“

Kommentar: Der erste Teil des Satzes ist ausgezeichnet, der zweite Teil aber doppeldeutig wegen des Adjektives „ununterbrochen“. Ist das Lehramt Pauls VI., Johannes Pauls II. und Benedikts XVI. Bestandteil des ununterbrochenen Lehramtes der Kirche? Lehren diese Päpste, was die gesamte Kirche überall und zu allen Zeiten geglaubt hat? Nein. Diese Päpste verbreiten die Irrtümer und die Anschauungsweise der Freimaurerei, wenngleich sie von Zeit zu Zeit auch bestimmte Wahrheiten in Erinnerung rufen. Es gibt einen deutlichen Bruch zwischen dem Lehramt vor der Zeit Johannes XXIII. und dem der Zeit danach.
Richtig ist indessen, daß das Lehramt der Kirche bei den traditionalistischen Bischöfen fortbesteht...
Aber das ist nicht das, was Mgr Fellay und die Mehrheit der Mitglieder des Kapitels ausdrücken wollten...und zwar nach den Worten von Pater Pfluger, der in seinem Vortrag am Dienstag, dem 5. Juni 2012 in der Schule St.-Joseph-des-Carmes aus dem Brief  Mgr Fellays an Rom vom 15. April zitierte: „Die Lehren des II. Vatikanischen Konzils und des nachfolgenden päpstlichen Lehramtes, die sich auf das Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtkatholischen christlichen Konfessionen beziehen, müssen im Licht der ganzen Tradition verstanden werden.

Zitat:
„Ebenso findet die Bruderschaft ihren Leitfaden in der beständigenTradition der Kirche, die die Gesamtheit der für die Wahrung des Glaubens und für das Heil notwendigen Lehren weitergibt und bis an das Ende der Zeiten weitergeben wird. So harrt sie dem Augenblick entgegen, da eine ernste und offene Disputation möglich sein wird, die auf eine Rückkehr der kirchlichen Autoritäten zur Tradition hinzielt.“

Kommentar: Der erste Teil des Satzes widerspricht dem denkwürdigen Zitat des Dokumentes vom 15. April, das Mgr Fellay an Rom gesandt hat. Dieses Zitat hat Pater Pfluger am Dienstag, dem 5. Juni 2012 anläßlich seines Vortrages in St.-Joseph-des-Carmes gebracht. In diesem Dokument preist Mgr Fellay das II. Vatikanum mit folgenden Worten: „Die ganze Überlieferung des katholischen Glaubens muß Maßstab und Richtschnur zum Verständnis der Lehren des II. Vatikanischen Konzils sein, das seinerseits bestimmte Aspekte des Lebens und der Lehre der Kirche erhellt, die zwar bereits in ihr eingeschlossen, aber noch nicht in Worte gefaßt sind.“ (vgl. 57. Minute des Videos). Ein freimaurerisches Konzil, das bestimmte Aspekte der Lehre der Kirche erhellt... Das müssen Sie uns erklären, Monseigneur...

Der Beginn des Zitates hat uns beruhigt, aber im gleichen Satz schlägt das Kapitel „eine offene und ernste Disputation“ mit Rom vor, oder vielmehr wartet das Kapitel darauf, daß diese Disputation möglich wird. Zu  welchen Bedingungen wird diese Disputation möglich werden? Dazu äußert sich das Kapitel nicht. Müssen wir auf das Bekanntwerden eines vertraulichen Briefes warten, der die Bedingungen zur Wiederaufnahme des Dialogs enthält? Sicher ist, daß das Kapitel ernsthaft die Weiterführung lehrmäßiger und praktischer Diskussionen mit Rom anstrebt, obwohl die bisherigen Diskussionen keinerlei Frucht getragen haben.
Hat die „offene und ernsthafte“ Disputation nicht bereits 2009 stattgefunden? Haben Mgr de Galarreta, Pater de Jorna, Pater de la Rocque und Pater Gleize nicht bereits eine „offene und ernste“ Disputation geführt? Diese Disputation hat bereits stattgefunden und eine Rückkehr der Autoritäten zur Tradition zum Ziel gehabt. Sie hat zu nichts geführt, außer daß sie uns gespalten hat. Es hat sich um eine Falle gehandelt, deren Früchte wir jetzt sehen. Sie hat die Büchse der Pandora geöffnet, wie Mr de Galarreta sagt.
Nichts zwingt uns, mit Rom zu reden, nur weil es der Stuhl Petri ist. Wir wissen ja, daß Rom von Mächten besetzt ist, die modernistisch und freimaurerisch, aber nicht katholisch sind. In einem Video hat Mgr Fellay sogar darauf hingewiesen, daß vier Freimaurerlogen im Vatikan am Werk sind.

Soll man jahrelang mit Häretikern diskutieren und dabei die Implosion der Bruderschaft in Kauf nehmen? Wozu soll das dienen? Muß man denn daran erinnern, daß die Bruderschaft ein Werk der Kirche ist und daß man zur katholischen Kirche gehört, wenn man zur Bruderschaft gehört?

Man führt keinen Dialog mit dem Teufel noch diskutiert man mit ihm, so lehrt es die Heilige Jungfrau in den Übungen, die sie dem hl. Ignatius geoffenbart hat. Da, wo die einen guten Glaubens Rom bekehren wollten, haben andere sich von der Aussicht auf ein praktisches Abkommen verführen lassen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich jedes Mal spaltet, wenn sie Gespräche mit Rom führt. Es gibt immer eine Gruppe, die sich verführen läßt. Die Gespräche waren daher eine von Rom gestellte Falle, in die wir alle gegangen sind. Wir haben (fast) alle daran geglaubt. Die Absicht Roms, uns zu täuschen, geht klar aus dem Zeugnis Pater de la Rocque bei seinem Vortrag* vom 30. März 2012 hervor. Wollen wir wirklich die Gespräche wieder aufnehmen, obwohl wir die giftigen Früchte sehen?

Zitat:
„Wir vereinigen uns mit den verfolgten Christen in den verschiedenen Ländern der Welt, die für den katholischen Glauben leiden, sehr oft sogar bis zum Martyrium.“

Kommentar: Wir teilen die Erschütterung des Kapitels angesichts dieser Verfolgung. Die Annäherung an Rom ist jedoch sinnlos, denn Rom strebt die Laisierung der Staaten an, es begeistert sich für die „Menschenrechte“ und für den Ökumenismus zum Zwecke des „Friedens“ in der Welt (Assisi), alles Schritte, die die Verfolgung der Christen fördern. Erinnern wir uns daran, daß Mgr Fellay die Verurteilung des Assisi-Skandals durch Pater de Cacqueray mißbilligte (vgl. Predigt Pater Pfeiffers vom 12. 8. 2012) und daß er auch Pater Chazal heftig rügte, als dieser zu einer scharfen Stellungnahme gegen Assisi aufforderte.
Außerdem empfinden wir Empörung angesichts der Tatsache, daß das Kapitel sich auf die für ihren Glauben gestorbenen Märtyrer beruft und gleichzeitig mehrheitlich Mgr Fellay unterstützt, der Erklärungen abgibt, die den Glauben gefährden. (vgl. Arsenius Das Problem ist der Glaube und es ist ein ernstes Problem sowie Ich entschuldige das Konzil von Pater Chazal : (änglischfranzösich). [Siehe auch : Ich klage den Rat an, von Pater Chazal : änglisch (sspx korea)französich ]
Da es die Verfolgung nicht gutheißt, sollte das Kapitel selbst aufhören, [Priester] auszuschließen und scharf zu verurteilen, es sollte aufhören zu wettern und zu schimpfen. Muß man auf das seelische und geistige Leiden der Bischöfe, Priester, Weihekandidaten und Gläubigen hinweisen, die gegen ein Abkommen sind? Natürlich gibt es größeres Leid, aber kommt es so oft vor, daß man Priester der Tradition sieht, die Tränen in den Augen haben, wenn sie gegen den Anschluß an Rom predigen?

Zitat:
„Wir flehen die allerseligste Jungfrau Maria heute an einzugreifen, um die Feinde aus dem Innern fortzujagen, die noch radikaler als die Feinde von außen versuchen, die Kirche zu zerstören.“

Kommentar: Das Kapitel macht hier eine zutreffende Bemerkung: Die Kirche ist im Innern von Feinden unterwandert, wobei das Wort Feind sich vor allem auf das Eindringen der Freimaurerei bis in die höchsten Ämter der Kirche bezieht. Ist es denkbar, daß diese Feinde respektvoll an den Toren der Seminare der Bruderschaft, ihrer Generalhäuser und ihrer Institutionen haltmachen? Daß sie die Bruderschaft in Frieden lassen, obwohl sie eine der wenigen katholischen Stimmen ist, die noch das soziale Königtum Jesu Christi proklamieren? Das Kapitel beobachtet arglos den Feind von gegenüber und setzt stillschweigend voraus, daß die Bruderschaft vor jeder Infiltration und Feindseligkeit sicher ist. Ist das Kapitel naiv oder blind? Vielleicht sollte man erklären, wieso es dazu kam, daß ein Priester derBruderschaft, der einmal ein hohes Amt bekleidete, im September 2012 zumPrivatsekretär von Kardinal Vingt-Trois ernannt wurde. Wieso ein anderer Priester das Vorwort zu seinem Buch, das den Anschluß an Rom vorbereitet, von einer Persönlichkeit schreiben ließ, die ein halbes Jahr später offziell erklärte, seit langem der Freimaurerei anzugehören. Wieso wiederum ein anderer der Jury zur Verleihung eines sehr merkwürdigen Preises angehört [Prix de la Fondation Pierre Lafue] etc.

Zitat:
„Möge sie [die allerseligste Jungfrau] alle Mitglieder der Priesterbruderschaft St. Pius X. im Glauben in seiner Unversehrtheit, in der Liebe zur Kirche und in der Hochachtung vor dem Nachfolger Petri erhalten.“

Kommentar: Hier geht es um eine erneute Warnung Mgr Fellays vor dem schismatischen Geist, von dem die Abkommensgegner angeblich befallen sind. Hier ist der Ausruck „Hochachtung vor dem Nachfolger Petri“ doppeldeutig. Man muß genau angeben, um welche Art Hochachtung es sich handelt: beten, daß der Papst sich bekehrt? Ja, selbstverständlich. Den Papst beweihräuchern, sobald er etwas tut, was ein klein wenig der Tradition entspricht, aber sorgfältig alle seine Irrtümer wie z. B. Assisi verschleiern...? Nein! Wenn man ihn liebt, muß man ihm die Wahrheit sagen und nicht zögern, ihn zu kritisieren... Und man muß aufhören, ihn als gütigen, wohlwollenen Greis darzustellen, der die Tradition in der Kirche wiederherstellen will...Dabei hat er gerade einen Häretiker, Mgr Müller, zum weltweiten Glaubenswächter  ernannt, dabei hat er eigenhändig den Zusatz angefügt, daß die Bruderschaft das II. Vatikanum anerkennen soll (vgl. den Bericht von Radio Christiandad über die Predigt von Mgr Tissier de Mallerais in Thouars. Laut diesem Bericht soll Mgr Tissier ausdrücklich gesagt haben, daß der Papst eigenhändig den Vermerk „mörderisch“ an das Ende des Dokumentes vom 13. Juni gesetzt habe... Ein so ungeheuerlicher Vermerk, daß Mgr Fellay die Unterschrift verweigerte.) 

Nachstehend die Übersetzung eines Teils des Berichtes von Radio Christiandad:
„In letzter Minute (es stand auf Messers Schneide) haben die Oberen der Bruderschaft das Abkommen doch nicht unterzeichnet, und zwar aufgrund des unerwarteten Hinzufügen eines Satzes am Ende des Dokumentes, eines vom Papst geschriebenen Satzes, der klar darauf hinweist, daß die Bruderschaft das Konzil unabhängig von seiner Interpretation anerkennen muß.“
Erinnern wir uns daran, daß Benedikt XVI. einer der Hauptakteure des Konzils war und daß er einer der Haupturheber der Zerstörung der Kirche ist... Man darf ihn also nicht kindlich verehren, sondern muß für ihn beten, damit er sich bekehrt.

Schlußfolgerung:

Die Politik der Priesterbruderschaft St. Pius X. beruht künftig offiziell auf falschen Prinzipien, und zwar denen der sechs Bedingungen. Das Kapitel unterstützt diese falschen Prinzipien mehrheitlich. Richtige Prinzipen darf man nicht mehr anführen, sonst riskiert man den Auschluß aus der Bruderschaft. Mgr Fellay bleibt weiterhin Generaloberer; das Generalkapitel hat ihn weder abgesetzt noch die Neuorientierung entschieden und öffentlich verurteilt. Die skandalösen Aussagen des Generaloberen, sein Schreiben vom 15. April 2012 und seine Erklärungen zum II. Vatikanum bleiben demnach aktuell...

Die Grundsatzerklärung des Kapitels vom 14. 7. 2012 ist ein doppeldeutiger Kompromiß, der das wichtigste wegläßt: es steht nirgendwo verzeichnet, daß wir nur unter der Bedingung nach  Rom zurückkehren, daß es sich bekehrt. Dabei war dies die einzige wichtige Frage. Mgr Fellay hat also gewonnen, indem er dem Prinzip des praktischen Abkommens zum Sieg verholfen hat. Der Brief vom 18. 7. 2012 als Frucht des Kapitels bestätigt diese These. Sehen wir den Tatsachen ins Auge.

In bezug auf die Erklärung des Kapitels der Bruderschaft von 2006 hat sich die Tonlage sehr verändert. Sie lautete folgendermaßen:

„Wenn die Bruderschaft nach deren Erfüllung [der Vorbedingungen der Bruderschaft] die Möglichkeit von Gesprächen und Diskussionen über die Doktrin erwartet, so auch dieses mit dem Ziel, in der Kirche die Stimme der überlieferten Lehre stärker widerhallen zu lassen. In der Tat haben die Kontakte, die sie mit den römischen Autoritäten sporadisch unterhält, allein zum Ziel, ihnen zu helfen, sich die Tradition wieder zu eigen zu machen, die die Kirche nicht verleugnen kann, ohne ihre Identität zu verlieren, und nicht das Suchen eines Vorteils für die Bruderschaft selbst, oder ein unmögliches, rein praktisches „Abkommen“ zu erreichen. An dem Tag, an dem die Tradition ihre Rechte wiedererlangt, „ist das Problem der Wiederversöhnung gegenstandslos und die Kirche wird eine neue Jugend finden.“

Welch langer Weg wurde da von denselben Mitgliedern des Kapitels zurückgelegt; sie scheinen an Gedächtnisschwund zu leiden. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Rom sprach Mgr Fellay davon, daß wir wieder ganz am Anfang stünden... Keineswegs! Die veränderte Denk-und Redeweise ist spürbar, wenn man die beiden Erklärungen miteinander vergleicht. Dahin also haben uns die jahrelangen Gespräche mit Rom geführt. Es wäre vielleicht endlich an der Zeit, sie zu beenden!

Anmerkung:

Min. 11.50: „Zehn Tage [vor Beginn der Gespräche] ging in der Presse ein von Rom verbreitetes Gerücht um, laut dem den in Kürze in Rom eintreffenden Gesprächsteilnehmern der FSSPX ein Text vorgelegt würde, der die Zustimmung zu allen Lehren des II. Vatikanischen Konzils, die Anerkennung der Legitimität der neuen Messe, die Annahme des neuen Kirchenrechts usw. enthielte. Das Gerücht ging um, aber es entsprach der Wahrheit. Sowohl Mgr Fellay als auch wir, die vier Mitglieder der Kommission, die dabei waren, erhielten von Rom einen Text zur Unterschrift vorgelegt, ein Formular der Zustimmung zu allen Lehren des II. Vatikanischen Konzils.“
Min. 16.30: „Mit der Zeit schien immer klarer, daß der Moderator der Gespräche, Mgr Pozzo, Sekretär der Kommission Ecclesia Dei, der im übrigen sehr sympathisch ist, also im Rückblick scheint es mir sehr klar, daß er den Auftrag hatte, die Formel zur Anerkennung des Konzils und der neuen Messe zu finden. Sie mußte hinreichend klar sein, um den römischen Anforderungen zu genügen und so geschickt formuliert, daß wir sie unterschreiben könnten.
Und so wurden uns tatsächlich von Treffen zu Treffen diese immer wieder neu formulierten Texte zur Zustimmung vorgelegt. Sie lagen manchmal auf dem Tisch, gelegentlich wurden sie aber auch am Ende eines Essens mit Mgr Pozzo, wenn wir in weinseliger Stimmung waren, geradewegs unter dem Tisch hervorgezogen, wobei er von unten her fragte: „Und was halten Sie von diesem Papier?“ So wurden uns zum Beispiel zur neuen Messe vier oder fünf verschiedene Texte zur Unterschrift vorgelegt. Und immer, immer hatten sie zum Ziel, uns zur Anerkennung der Legitimität der neuen Messe zu veranlassen, immer. Diesen Standpunkt vertrat Mgr Pozzo grundsätzlich bei allen Gesprächen, deren Moderator er war. Ich glaube, man hat uns nach und nach ungefähr zwölf bis fünfzehn verschiedene Formulierungen zur Zustimmung vorgeschlagen.“
Min. 24.30: „Halten wir fest, daß diese Gespräche von Seiten der Römer in der Tat mit dem grundlegenden Ziel geführt wurden, uns zur Annahme der Lehren des Konzils sowie der neuen Messe zu bewegen.“



(1) Dieser Artikel wurde im September 2012 geschrieben, zu einer Zeit, als Mgr de Galarreta sich in  Schweigen hüllte. Wir glaubten daher, er habe seine Meinung bezüglich des Abkommens mit Rom seit seiner ausgezeichneten Studie mit dem Titel Überlegungen zum Vorschlag von Rom [  Réflexions autour de la proposition romaine ] und seinem gemeinsam mit Mgr Tissier de Mallerais und Mgr Williamsonunterzeichneten Schreiben vom April 2012 [änglischfranzösich] nicht geändert. Am 13. Oktober 2012, in Villepreux, hat Mgr de Galarreta sich dann geäußert: Anläßlich des Generalkapitels hat er leider seine Meinung doch geändert; er vertritt jetzt die Ansicht, daß man ein praktisches Abkommen mit Rom ins Auge fassen könne. Er glaubt, daß die sechs vom Generalkapitel formulierten Bedingungen der Bruderschaft ausreichend Schutz bieten. Mit der Immaculata hat die Unzulänglichkeit der sechs Bedingungen zu Beginn des Briefes an die Priester der FSSPX  untersucht.

(2) frz. Apotheker, der ein auf Autosuggestion beruhendes Heilverfahren entwickelte (Anm. d. Übers.)

(3) Originale Brief von Pater Thouvenot mit den sechs Bedingungen : Seite 1  Seite 2  Seite 3

(4) Jetzt wissen wir, daß diese sechs Bedingungen echt sind. Mgr de Galarreta hat sie in Villepreux im Beisein von Pater Lorans offziell bekanntgegeben. Zu dem Zeitpunkt jedoch, als der Artikel geschrieben wurde, fragte sich mancher, ob es diese sechs Bedingungen wirklich gebe und ob der Brief von Pater Thouvenot wegen gewisser irreführender Aspekte des Textes nicht etwa eine Fälschung sei.