03/03/2013

Offener Brief an Mgr Fellay von 37 Priestern des französischen Distrikts



 
Offener Brief an Mgr Fellay

 von 37 Priestern des französischen Distrikts 

Übersetzung von Anne-Catherine


Ein großartiger Brief mit vielen neuen noch unveröffentlichen Angaben über die Lügen Mgr Fellays. Wir danken unseren Priestern, daß sie ihn geschrieben haben. Siebenunddreißig Priester aus Frankreich sind eine sehr ermutigende Anzahl.


Exzellenz,

wie Sie kürzlich schrieben, „sind es im wesentlichen übernatürliche Bande, die uns einen“. Sie  haben uns jedoch mit Recht daran erinnert, daß deshalb die Forderungen der Natur nicht außer acht gelassen werden dürfen. „Die Gnade zerstört die Natur nicht“.  Zu diesen Forderungen gehört die Wahrhaftigkeit. Wir müssen aber leider feststellen, daß ein Teil der Probleme, mit denen wir in den vergangenen Monaten konfrontiert wurden, auf einem schwerwiegenden Verstoß gegen diese Tugend beruhen.  

Vor zehn Jahren haben Sie, genau wie Mgr Tissier de Mallerais, gesagt:

„Ich werde nie bereit sein, zu sagen: 'Im Konzil, wenn wir es richtig interpretieren, ja vielleicht selbst wenn wir es in Übereinstimmung mit der Tradition bringen könnten, könnten wir darin einen annehmbaren Sinn finden.' Ich werde nie bereit sein, das zu sagen. Es wäre eine Lüge, und eine Lüge ist nicht erlaubt, selbst dann nicht, wenn es um die Rettung der Kirche ginge.“ (Mgr Tissier de Mallerais, Gastines, 16. September 2012)

Aber inzwischen haben Sie sich dermaßen verändert, daß Sie schreiben:

„Die ganze Tradition des katholischen Glaubens muß Maßstab und Richtschnur zum Verständnis der Lehren des II. Vatikanischen Konzils sein, das seinerseits bestimmte Aspekte des Lebens und der Lehre der Kirche erhellt, die zwar bereits in ihr enthalten, aber noch nicht in Worte gefaßt sind. Die Lehren (affirmations) des II. Vatikanischen Konzils und des nachfolgenden päpstlichen Lehramtes, die sich auf das Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtkatholischen christlichen Konfessionen beziehen, müssen im Licht der ganzen Tradition verstanden werden.“
(St-Joseph-des-Carmes, 5. Juni 2012)

In Brignoles haben Sie im Mai 2012 von einem Dokument gesprochen, „das Rom zusagte“, das man aber „bei uns erklären müsse, weil es Aussagen enthielte, die eine derartige Gratwanderung darstellen, daß, falls Sie übelwollend sind oder je nachdem, ob Sie es durch die schwarze oder die rosarote Brille betrachten, die Aussagen so oder so verstehen können.“ Seither haben Sie sich folgendermaßen gerechtfertigt:

„Wir können es zwar hinnehmen, 'verurteilt' zu werden, weil wir den Modernismus ablehnen (was stimmt), aber nicht, weil wir angeblich sedesvakantistische Thesen vertreten (was nicht stimmt); das hat mich veranlaßt, einen 'minimalistischen' Text zu verfassen, der nur einen dieser beiden Aspekte berücksichtigte, und der daher bei uns Verwirrung ausgelöst haben könnte.“ (Cor unum 102)

„Als ich diesen Text schrieb, dachte ich natürlich, er sei hinreichend klar; daß es mir gelungen sei, die ...- wie sagt man? - Doppeldeutigkeiten zu vermeiden. Aber...,so liegen die Dinge nun einmal, ich muß eingestehen, daß dieser Text ein Text geworden war, der uns spaltete, uns in der Bruderschaft. Diesen Text nehme ich natürlich zurück.“ (Ecône, 7. September 2012)
   
Sie sind demnach ein Unverstandener, der aus reiner Nachsicht einen äußerst heiklen Text zurückzieht, der von engstirnigen Geistern nicht verstanden worden war. Diese Version der Sachlage ist geschickt, aber ist sie auch richtig? Ein Dokument zurückziehen und einen lehrmäßigen Irrtum widerrufen, sind formal gesehen nicht das gleiche. Darüber hinaus erscheint es sehr unangebracht, „sedesvakantistische Thesen“ geltend zu machen, um dieses „minimalistische“ Dokument zu rechtfertigen, das „Rom zusagte“, wenn Sie gleichzeitig schon seit mehr als dreizehn Jahren einem Mitbruder erlauben, im Kanon den Namen des Papstes nicht mehr zu erwähnen, nachdem Sie ihm sagten, Sie verstünden seine Entscheidung angesichts der skandalösen Unterschrift unter einem von Katholiken und Protestanten gemeinsam verfaßten Dokument.

Mgr Tissier de Mallerais vertraute einem Mitbruder an, daß dieser „Brief vom 14. April“ [Antwort des Generalhauses auf den Brief der drei Bischöfe]  nie veröffentlicht werden dürfe, denn sonst würden Sie, seiner Meinung nach, „Ihr Ansehen endgültig verlieren und vielleicht gezwungen sein, zurückzutreten.“ Das ist im Einklang mit dem wohlmeinenden Hinweis Bischof Williamsons: „Zur Ehre Gottes, zum Heil der Seelen, für den inneren Frieden der Bruderschaft und zu Ihrem eigenen ewigen Heil täten Sie besser daran, selbst als Generaloberer zurückzutreten, statt mich auszuschließen.“ (London, 19. Oktober 2012). Trotzdem haben Sie dies  als offene und öffentliche Provokation empfunden.

Als aber Mgr de Galarreta am 13. Oktober 2012 in Villepreux diesen unglaublichen Satz sagte, den man zwar hören, aber nicht lesen kann, denn bei der Übertragung ins Schriftliche hat La Porte Latine [die frz. Webseite der Bruderschaft] ihn weggelassen: „Es ist fast unmöglich, daß die Mehrheit der Oberen der Bruderschaft - nach einer offenen Diskussion und einer gründlichen Untersuchung aller Gesichtspunkte und näheren Umstände - es ist undenkbar, daß die Mehrheit sich in einer Angelegenheit irrt, die große Klugheit gebietet. Und wenn durch Zufall das Unmögliche eintreten sollte, nun, dann werden wir auf jeden Fall das tun, was die Mehrheit beschließt“, da schrieb Pater Thouvenot [der Generalsekretär der Bruderschaft] in Menzingen, daß er (Mgr de Galarreta) „mit einem gewissen Abstand und mit Erhabenheit die Ereignisse des  Monats Juni darstelle“.

Wie konnte die Bruderschaft nur so tief fallen? Mgr Lefebvre hingegen schrieb: „Am Tag des Jüngsten Gerichts wird Gott uns fragen, ob wir treu geblieben sind und nicht, ob wir untreuen Autoritäten gehorcht haben. Der Gehorsam ist eine Tugend, die sich auf die Wahrheit und auf das Gute bezieht. Wenn er sich dem Irrtum und dem Bösen unterordnet, ist er keine Tugend mehr, sondern ein Laster.“ (Mgr Lefebvre, Brief vom 9. August 1986). Und Pater Berto [der Theologie-Experte, der beim II. Vatikanum Mgr Lefebvre zur Seite stand] schrieb 1963: „Man muß über seine Nasenspitze hinaussehen können und nicht meinen, daß man einfach so, auf Befehl, ein Anrecht auf den Heiligen Geist hat, da man sich ja im Konzil befindet.“

Anläßlich des Vortrags vom 9. November 2012 in Paris sprach Sie ein Prior an: „Nach Priesterexerzitien warfen mir zwei Mitbrüder vor, daß ich mich gegen Ihre Autorität auflehnen würde, weil ich meine Genugtuung über den Artikel von Pater de Cacqueray gegen Assisi III äußerte. Wie sehen Sie das?“ Ihre Antwort lautete: „Ich wußte nicht, daß so etwas in der Bruderschaft vorkommt. Ich selbst habe diese Erklärung verlangt und sie wurde übrigens mit meiner Genehmigung veröffentlicht. Ich bin völlig einer Meinung mit Pater de Cacqueray.“ Während der Schwesternexerzitien in Ruffec dagegen haben sie sechs Mitbrüdern anvertraut, daß Sie mit dem Artikel von Pater de Cacqueray nicht einverstanden sind. Im übrigen haben Sie sich bei ihm über die Vorwürfe beklagt, die Ihnen Kardinal Levada in dieser Angelegenheit zwanzig Minuten lang machte. Wenn Sie ihm die Genehmigung zur Veröffentlichung erteilt haben, dann deshalb, wie Sie erklärten, weil Sie nicht den Anschein erwecken wollten, parteiisch zu sein ..., daß Sie aber persönlich den Inhalt mißbilligten, den Sie als übertrieben ansahen. Wer also, Monseigneur, greift zu „durch und durch subversiven Mitteln“? Wer verhält sich revolutionär? Wer schadet dem Gemeinwohl unserer Bruderschaft?

In Paris haben wir am 9. November 2012 gehört, wie ein Mitbruder Sie fragte: „Ich gehöre zu denen, die das Vertrauen verloren haben! Wie viele Verhaltensrichtlinien gibt es denn jetzt in der Bruderschaft...?“ Ihre Antwort lautete: „Es ist eine schwere Verwundung. Wir sind schwer geprüft worden. Nun braucht es Zeit.“ Angesichts dieser ausweichenden Antwort fragte Sie ein anderer Prior: „Ziehen Sie die Antwort an Ihre drei Mitbischöfe zurück?“ Und wieder antworteten Sie  ausweichend: „Ja, wenn ich sie noch einmal lese, dann scheint es mir, daß es ein paar kleine Fehler gibt. Aber in Wirklichkeit, damit Sie besser verstehen, sollten Sie wissen, daß dieser Brief keine Antwort auf ihr Schreiben ist, sondern eine Antwort auf  Schwierigkeiten, die ich mit jedem einzelnen der drei hatte. Ich schätze Mgr Williamson sehr, ja ich bewundere ihn sogar, er hat geniale Einfälle im Kampf gegen das II. Vatikanum; es ist ein großer Verlust für die Bruderschaft, und er kommt zum schlimmsten Zeitpunkt...“ Aber wer ist denn verantwortlich für seinen Ausschluß? Privat erzählen Sie vieles: „Ich war im Krieg...“, „Rom lügt“..., aber Sie haben kein einziges Mal ein offizielles Communiqué veröffentlicht, um diese angeblichen Lügen zu entlarven. Schlimmer noch, Sie haben vor kurzem bezüglich des Ultimatums vom 22. Februar die Lüge des Vatikans offiziell bekräftigt.

Ihre Sprache ist unendlich konfus geworden. Ihre doppeldeutige Ausdrucksweise ist, wie Pater Calmel [ein Dominikaner der Tradition, den Erzbischof Lefebre sehr schätzte] schrieb, nicht lobenswert: „Ich habe schwammige oder ausweichende Redewendungen, die in alle Richtungen gehen und die ein jeder in seinem Sinn ausgelegen kann, immer verabscheut. Und ich verabscheue sie noch mehr, wenn kirchliche Autoritäten sie anwenden. Vor allem scheint mir, daß sie offen den beleidigen, der gesagt hat: 'Ich bin die Wahrheit... ihr seid das Licht der Welt... eure Rede sei ja, ja, nein, nein...'“

Monseigneur, Sie und Ihre Assistenten haben alles mögliche und das genaue Gegenteil behauptet, ohne zu befürchten, sich damit lächerlich zu machen. Als Pater Nély [zweiter Assistent der Bruderschaft] im April 2012 auf der Durchreise in Toulouse war, erklärte er gegenüber einem Dutzend Mitbrüdern, daß „die lehrmäßigen Gespräche mit Rom deswegen gescheitert sind, weil unsere Theologen zu weit vorgeprescht sind“; zu einem dieser Theologen sagte er hingegen: „Sie hätten schärfer vorgehen können.“

Sie selbst haben uns am 9. November 2012 versichert: „Sie werden lachen, aber ich glaube wirklich, daß wir vier Bischöfe einer Meinung sind.“ Dabei hatten Sie ihnen ein halbes Jahr zuvor geschrieben: „Was die entscheidende Frage betrifft, nämlich die Möglichkeit, zu den Bedingungen einer Anerkennung der Bruderschaft durch Rom zu überleben, so sind wir nicht zu dem gleichen Schluß gekommen wie Sie.“

Beim gleichen Exerzitienvortrag in Ecône erklärten Sie: „Ich muß Ihnen gestehen, daß ich nicht gegen das Kapitel [von 2006] zu handeln glaubte, als ich tat, was ich tat.“ Und dann kurz darauf, hinsichtlich des Kapitels von 2012: „Wenn das Kapitel etwas behandelt, so hat das bis zum nächsten Kapitel Gesetzeskraft.“ Wenn man weiß, daß Sie im März 2012, ohne das nächste Kapitel abzuwarten, das Gesetz des Kapitels von 2006 umgestoßen haben (kein praktisches Abkommen ohne lehrmäßige Lösung), dann fragt man sich, ob diese Äußerung ernst gemeint war.

In Villepreux forderte uns einer Ihrer Mitbrüder im Bischofsamt auf, „nicht zu dramatisieren. Ein Drama wäre es, vom Glauben abzufallen. Man darf keine Vollkommenheit verlangen, die nicht von dieser Welt ist. Man darf bei diesen Fragen keine Haarspalterei betreiben. Man muß darauf achten, ob das Wesentliche da ist oder nicht.“

Es ist zwar richtig, daß Sie nicht Mohammedaner geworden sind (1. Gebot), daß Sie sich keine Frau genommen haben (6. Gebot);  Sie haben jedoch schlicht die Wirklichkeit manipuliert (8. Gebot). Aber ist das Wesentliche immer noch vorhanden, wenn die Doppeldeutigkeiten den Glaubenskampf betreffen? Niemand verlangt von Ihnen Vollkommenheit, die nicht von dieser Welt ist. Es ist verständlich, daß man sich angesichts des Geheimnisses der Bosheit irren kann, da selbst die Erwählten getäuscht werden könnten, aber Doppelzüngigkeit kann niemand hinnehmen. Gewiß kann uns der von der Heiligen Schrift vorhergesagte Glaubensabfall nur verwirren. Wer kann schon von sich behaupten, den Fallen des Teufels zu entgehen, ohne Schaden zu nehmen? Aber warum haben Sie uns getäuscht? Für jede Sünde gibt es natürlich Vergebung. Aber wo sind die Akte, die zeigen, daß sich das Gewissen regt, die von Reue und Wiedergutmachung der Fehler zeugen?

Sie haben zu den französischen Prioren gesagt: „Ich bin den Streit um Worte leid.“ [wörtlich: Der Streit hat mich erschöpft.] Dort liegt vielleicht das Problem. Wer hindert Sie daran, sich in Montgardin zu erholen  und dort die Freuden eines zurückgezogenen Lebens zu genießen? Rom hat sich immer einer klaren Sprache bedient und Mgr Lefebvre ebenso. Auch Sie haben es in der Vergangenheit so gehalten.  Aber heute stiften Sie ständig Verwirrung, wenn Sie zu Unrecht „die katholische Kirche, das ewige Rom“ mit der „Amtskirche, dem modernistischen und konziliaren Rom“ gleichsetzen. Auf keinen Fall können Sie die Art unseres Kampfes ändern. Wenn Sie diesen Auftrag nicht mehr erfüllen wollen, dann haben Sie und Ihre Assistenten die Pflicht, von dem Amt zurückzutreten, mit dem die Bruderschaft Sie betraut hat.

Tatsächlich hat Pater Pfluger öffentlich erklärt, daß er unter der kanonischen Irregularität der Bruderschaft leide. Im Juni 2012 hat er einem Mitbruder anvertraut, „die lehrmäßigen Gespräche hätten ihn erschüttert.“ Nach seinem Vortrag in Saint-Joseph-des-Carmes sagte er mit Verachtung in der Stimme jedem, der es hören wollte: „Da gibt es doch immer noch solche, die nicht verstehen wollen, daß wir [das Abkommen mit Rom] unterschreiben müssen.“ Am 29. April 2012 sprach er in Hattersheim von seiner Angst vor „neuen Exkommunikationen“, nachdem er zugegeben hatte, daß „die vergangenen Ereignisse gezeigt haben, daß die Differenzen in lehrmäßigen Fragen nicht ausgeräumt werden können.“ Aber warum sollte man die Exkommunikation durch Modernisten fürchten, die selbst bereits durch die Kirche exkommuniziert sind?

Pater Nély kündigte anläßlich eines Essens für Wohltäter in Suresnes an, daß „der Papst den Beziehungen zur Bruderschaft ein Ende gesetzt habe, als er die Anerkennung der [neuen] Messe und des II. Vatikanums verlangte...“ und er fügte hinzu, daß „ Mgr Fellay sich Träumereien hingegeben habe und daß man ihn nicht habe wachrütteln können.“ Aber hat Pater Nély denn nicht ebenfalls den furchtbaren Brief an die drei Bischöfe unterschrieben? Hat er sich nicht auch „Träumereien hingegeben“, als er in Fanjeaux Station machte und dort der wegen eines Ultimatums von Rom besorgten Generaloberin erklärte: „Nein, beruhigen Sie sich; mit Rom ist alles in Ordnung, die dortigen Kirchenrechtler helfen uns bei der Vorbereitung der Statuten für eine Prälatur.“

Können Sie mit gutem Gewissen behaupten, daß Sie und Ihre Assistenten verantwortungsbewußt gehandelt haben? Wie können Sie nach so vielen widersprüchlichen und verhängnisvollen Äußerungen noch Anspruch auf Führung erheben? Wer schadet der Autorität des Generaloberen, wenn nicht Sie und Ihre Assistenten? Wie können Sie noch von Recht sprechen wollen, nachdem Sie es verletzt haben? „Was kann der Lügner Wahres sagen?“ (Ecclesiasticus 34,4). Wer hat denn Zwietracht gesät? Wer  hat zerstörerisch gehandelt,  indem er sich der Lüge bediente? Wer hat bei Priestern und Gläubigen Ärgernis erregt? Wer hat der Bruderschaft schweren Schaden zugefügt, indem er die bischöfliche Stärke minderte ? Was ist Nächstenliebe ohne Ehre und Gerechtigkeit?

Wir wissen, daß man uns vorwerfen wird, die Form nicht gewahrt zu haben, indem wir den Brief an Sie öffentlich bekanntgeben. Unsere Antwort wird dann die gleiche sein wie die Pater de Foucaulds an General Laperrine: „Als ich in den Orden eintrat, glaubte ich, vor allem zu Milde und Demut raten zu müssen; aber mit der Zeit glaube ich, daß, das was am meisten fehlt, Würde und Edelsinn sind.“ (Brief vom 6. Dez. 1915). Wozu einen privaten Brief an Sie richten, wenn bekannt ist, daß ein mutiger und hellsichtiger Mitbruder vier Jahre lang auf ein Schreiben von Ihnen warten mußte, das nicht etwa Antworten sondern Beleidigungen enthielt. Wenn ein Distriktoberer  immer noch auf die Empfangsbestätigung für seinen siebzehnseitigen Brief wartet, den er an das Generalhaus gerichtet hatte, dann scheint es, als hätte Menzingen kein anderes Argument als den Voluntarismus: „sic volo, sic iubeo, sit pro ratione voluntas – so will ich es, so befehle ich es, und so sei es aus Gründen des Willens“.

Monseigneur, das, was wir zur Zeit erleben, ist widerwärtig. Die Redlichkeit des Evangeliums ist verlorengegangen: „Ja, ja, nein, nein!“. Das Kapitel von 2012 hat die Lage keineswegs geklärt. Pater Faure, ein Mitglied des Kapitels, hat uns kürzlich öffentlich gewarnt vor „den Briefen und Erklärungen der letzten Monate seitens der derzeitigen Oberen der Bruderschaft.“ Ein anderes Mitglied des Kapitels hat einem Mitbruder folgendes anvertraut: „Wir müssen zugeben, daß das Kapitel gescheitert ist. Eine freie Bruderschaft (Fraternité libre) in der Konzilskirche, das geht heute in Ordnung. Ich war völlig am Boden zerstört angesichts des Niveaus der Äußerungen mancher Kapitelteilnehmer.“

Ihre Interventionen und diejenigen Ihrer Assistenten sind zweifelhaft und lassen vermuten, daß Sie  allenfalls einen strategischen Rückzug angetreten haben.        
                                                    
Ende 2011 hatte einer der Assistenten zusammen mit einem Mitbruder, der ein Abkommen mit Rom befürwortet, versucht, die Anzahl der Priester in Frankreich zu ermitteln, die ein Abkommen mit Rom ablehnen würden. Das Resultat: sieben. Menzingen war beruhigt. Im März 2012 haben Sie gesagt, daß M. Guenois von Le Figaro [frz. Tageszeitung] ein sehr guter Journalist sei und daß seine Sicht der Dinge die richtige sei. Dabei stand in seinem Artikel folgendes: Ob man will oder nicht, aber der Papst und Mgr Fellay wollen kein lehrmäßiges sondern ein kirchliches [praktisches] Abkommen“. Im Mai 2012 haben Sie den Oberen der Benediktiner, Dominikaner und Kapuziner gesagt: „Wir wissen, daß es Scherben geben wird, aber wir werden die Sache durchziehen.“ Im Juni kam das praktische Abkommen nicht zustande. Im Oktober 2012 jedoch haben  Diözesanpriester, die auf  Einladung von Pater Wailliez im Priorat von Brüssel Station machten, Ihnen gegenüber den Wunsch geäußert, daß Rom und die Bruderschaft ein Abkommen schließen möchten. Sie haben Sie mit folgenden Worten beruhigt: „Ja, ja, das wird bald geschehen.“

Monseigneur, Sie müssen von Rechts wegen die Wahrheit sagen und die Lügen und Irrtümer widerrufen. Tun Sie das und alles wird wieder in Ordnung kommen. Es ist Ihnen bekannt, daß André Avellin, der im XVI. Jahrhundert lebte, ein großer Heiliger wurde, weil er, nachdem er aus Schwäche gelogen hatte, Scham empfand. Wir wollen einfach, daß aus Ihnen ein großer Heiliger wird.

Exzellenz, wir wollen nicht, daß Sie in die Geschichte eingehen als der Mann, der die Priesterbruderschaft St. Pius X. deformiert und ihr schweren Schaden zugefügt hat.

Exzellenz, seien Sie unserer völligen Treue zum Werk Erzbischof Lefebvres versichert.

28. Februar 2013

Siebenunddreißig Priester des französischen Distrikts